IOB
   Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.

 
 

Rundschreiben vom 08. Juni 2004

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

im Anschluss an das letzte Rundschreiben vom 09. März 2004 berichte ich wie
folgt:

1. Jahresversammlung der IOB am 23. April 2004

Das Protokoll über die Jahresversammlung liegt leider noch nicht vor. Daher kann ich nur stichwortweise berichten.

Frau Paffrath hatte am 23. April 2004 gegen Mittag eine wichtige Sitzung beim Kulturausschuss der Stadt Mülheim, dessen Vorsitzende sie ist. Aus diesem Grunde wurde ihr Vortrag vorgezogen. Frau Paffrath berichtete über ihr Buch und dessen Echo in den Medien-. Sie wurde gegen 12:10 Uhr mit großem Applaus verabschiedet. Anschließend hielt ich meinen Bericht, den ich als

- Anlage 1 -

beifüge. RA Dr. Märker und Frau Fischer ergänzten meine Ausführungen.

Herr Keverpütz verlas dann seinen als

- Anlage 2 -

beigefügten Finanzbericht. Die Kassenprüferin, Frau Kemperdick, war nicht er-schienen. Herr Keverpütz ver-las ihre Stellungnahme. Frau Kemperdick bestätigte die ordnungsgemäße finanzielle Abwicklung. Der Vorstand wurde darauf bei Ent--haltung der Betroffenen und zwei weiteren Mitgliedern ohne Gegenstimme entlastet.

Herr Ikert, mehr als 25 Jahre Geschäftsführer der IOB und zwischenzeitlich 92 Jahre alt, wurde zum Ehrenmitglied der IOB gewählt. In einer launigen kurzen Ansprache bedankte er sich.

Insgesamt war die Jahresversammlung verhältnismäßig gut besucht. Es waren ca. 70 Mitglieder anwesend.

2. Beschwerden zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

a) Zu den Beschwerden zum EGMR und deren Aussichten vgl. zunächst das als

- Anlage 3 -

beigefügte Stichwort aus der website des MDR.

b) Urteil zu den sogenannten Bodenreform-Eigentümern vom 22. Januar 2004

Das Urteil liegt zwischenzeitlich vollständig vor. Eine deutsche Über-setzung füge ich als

- Anlage 4 -

bei.

Die Bedeutung der Entscheidung geht weit über die entschiedenen Fälle hinaus. Auf meine Pressemitteilung (Anlage 4 zum Rundschreiben vom 09. März
2004) darf ich verweisen. Die Entscheidung hat auch Bedeutung für weitere enteignende Gesetze, die die Bundesrepublik nach der Wieder-ver-einigung im Osten getroffen hat. Dazu gehört u.a. das Verkehrsflächen-bereinigungsgesetz
(VerkFlBerG), wonach sogar Eigentümer weitgehend ent-rechtet werden, wenn nur Behörden der DDR das Eigentum während der Zeit der DDR in Benutzung genommen und für ihre Zwecke umgebaut haben.

Gegen das Urteil hat die Bundesrepublik Deutschland Beschwerde ein-gelegt, vgl. Auszug aus der WELT vom 22. April 2004.

- Anlage 5 -

Wie aus dem als

- Anlage 6 -

beigefügten Textmitschnitt einer Fernsehsendung des MDR vom 25. Mai 2004 und weiteren Pressemitteilungen hervorgeht, kümmert sich allerdings die deutsche Rechtswirklichkeit (gegenwärtig) kaum um das Urteil vom 22. Januar 2004. Das dürfte kaum rechtens sein, weil nach Art. 25 GG die Entscheidung des EGMR unmittelbar auf die deutsche Rechtswirklichkeit ein--wirkt. Ich gehe davon aus, daß mittelfristig andere Entscheidungen ge-troffen werden als die des LG Leipzig und des OLG Dresden, in denen dem Urteil vom 22. Januar 2004 eine unmittelbare Wirkung auf das deutsche Recht aberkannt wird.

c) Beschwerden gegen das EALG

Über die Beschwerden wird die große Kammer entscheiden, weil die bisher mit der Sache befaßte (kleine) 3. Kammer des EGMR der Überzeugung war, daß die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung vor die große Kammer ge-hört. Die große Kammer hat in der Sache auch schon terminiert, und zwar auf den 22. September 2004. Die auf diesen Tag anberaumte Verhandlung wird ähnlich ablaufen wie die Verhandlung am 29. Januar 2004. Herr Dr. Märker wird für de n Vor-stand der IOB als Beobachter teilnehmen. An-schließend wird im Internet zeitnah be-richtet werden.

d) Daß der EGMR das System der Wiedervereinigungsgesetzgebung und namentlich das Vermögensgesetz gutheißt, entnehmen Sie bitte seiner als

- Anlage 7 -

beigefügten Entscheidung vom 12. Dezember 2002, die erst jetzt ver-öffentlicht wurde. Vor überspannten Erwartungen an den EGMR muß daher gewarnt werden.

3. Entschädigungsrechtsänderungsgesetz (EntschRÄndG)

Noch einmal nachdrücklich aufmerksam machen möchte ich auf die am 16. Juni 2004 ablaufende Frist in § 5 des Gesetzes zur Regelung der in der Deutschen Demokratischen Republik nicht erfüllten Entschädigungsan-sprüche aus Ent-eignung! Betroffene oder möglicherweise Betroffene sollten die Frist un-bedingt beachten!

4. Rückforderung/Verrechnung von Lastenausgleich - hier: Kriegsschaden-rente

Das BVerwG hat Verhandlungstermin anberaumt auf den 15. Juli 2004. Es hat den Parteien nahegelegt, auf die mündliche Verhandlung zu verzichten. Die Gegenseite hat bereits einen entsprechenden Verzicht ausgesprochen. Ob ich im Hinblick auf das weitgehend schriftliche Verfahren ebenfalls auf die mündliche Verhandlung verzichte, muß noch mit der Mandantin abgestimmt werden.

Im Anschluß an die Verhandlung vom 15. Juli 2004 ist mit einer Ent-scheidung des BVerwG zu rechnen.

5. Doktorarbeit von Frau Constanze Paffrath

Zur offiziellen Vorstellung des Buches wurde vom Böhlau-Verlag auf den 27. Mai 2004 gemäß der

- Anlage 8 -

nach Berlin eingeladen. Über die Veranstaltung be-richtete u.a. Karl Feldmeyer in der FAZ vom 29. Mai 2004.

- Anlage 9 -

6. Veranstaltungen

Am 17. Juni 2004, 19:00 Uhr bis 20:30 Uhr findet im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, Grimmaische Straße 6 eine Podiumsdiskussion zwischen dem ehe-maligen Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière und RA Albrecht Wendenburg, Vorsitzender der AfA, statt unter dem Titel "Wessen Land ist das Land?".

Die Veranstaltung ist öffentlich. Voranmeldung und Kartenreservierung sind nicht erforderlich. Folgender Ablauf ist vorgesehen:

• 45 Minuten Diskussion zwischen den Herren de Maizière und Wendenburg
(Leitung: Frau Ulrike Bajohr)

• weitere 45 Minuten Diskussion unter Einbeziehung des Publikums.

Das Gespräch wird aufgezeichnet und soll am 30. Juni von 19:15 Uhr bis 20:00 im Deutschlandfunk gesendet werden. Bitte unbedingt notieren! Wir haben mit dieser Veranstaltung das erste Mal seit 1990 ein Streitgespräch zwischen einem profilierten Vertreter der Enteigneten und einem der für die Wiederver-einigungs-gesetzgebung Verantwortlichen.

7. Verschiedenes

a) In der Ausgabe der FAZ vom 05. Juni 2004 war ein ganzseitiger Artikel des mir bis dato nicht bekannten Prof. Dr. Lege mit dem Titel: "Ist Alteigentum geschichtsfest?".

- Anlage 10 -

Der Artikel wiederholt eine Reihe von Stereotypen, die immer wieder von der Bundesregierung und den sie vertretenden Stimmen ins Feld geführt werden und längst widerlegt sind. Auf den Artikel von Prof. Lege gab es eine ganze Reihe zum Teil wütender Leserbriefe. Die wohl beste Er-widerung findet sich in dem am 25. Mai 2004 veröffentlichten Leserbrief von Prof. Doehring.

- Anlage 11 -

b) Ebenfalls in der Ausgabe vom 25. Mai 2004 berichtete die FAZ über eine Klage der Wertheim-Erben, die diese in den Vereinigten Staaten gegen Karstadt-Quelle AG erhoben hatten.

- Anlage 12 -

Die Entscheidung ist auch insoweit von Bedeutung, als das amerikanische Gericht hier einen Anknüpfungspunkt für seine Zuständigkeit mit der Be-gründung verneint, der Gegner des Verfahrens, die Firma Karstadt-Quelle AG, habe nicht in Amerika ihren Sitz und dort auch kein Vermögen.

Die Entscheidung bestätigt, daß es wenig Sinn macht, Restitutions- oder Ent-schädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche in den Vereinigten Staaten an-hängig zu machen, weil in den Vereinigten Staaten kein Anknüpfungs-punkt für Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland gegeben ist. Das Vermögen, das die Bundesrepublik Deutschland in den Vereinigten Staaten hat, be-schränkt sich auf exterritoriales Verwaltungsvermögen von Botschaft und Konsulaten. Dieses Vermögen scheidet für die Begründung eines amerikanischen Gerichts-standes aus.

c) In seiner Ausgabe vom 01. Juni 2004 berichtete der SPIEGEL über ein "brisantes Urteil" des BGH vom 17. Februar 1960 zur Bodenreform. Dieser Artikel ist eben-falls in der Anlage 12 beigefügt.

Ich habe mich bisher vergeblich um die zitierte Entscheidung bemüht. Wenn zutrifft, was der SPIEGEL schreibt, bedeutet das Urteil vom 17. Februar 1960 ein ernst-zunehmendes und unangenehmes Gegenargument zu unserer Argumentation u.a. in den Menschenrechtsbeschwerden, die Rechts-wirklich-keit der Bundes-republik Deutschland habe die Konfiskationen in der SBZ/DDR immer als unwirksam betrachtet. Ich gehe davon aus, daß ich das BGH-Urteil vom 17. Februar 1960 kurz- bis mittelfristig erhalten werde. Sobald es mir vorliegt, werde ich darüber berichten.

Für heute darf ich schließen. Für die Sommermonate wünsche ich Ihnen viel Sonne!

Herzlichst Ihr

Dr. Rosenberger

 
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