Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder,
zur diesjährigen Jahresversammlung
lade ich namens des Vorstandes hiermit ein für
Freitag, den 23. April
2004, 11:00 Uhr
Stadthalle Bonn-Bad Godesberg
Koblenzer Straße 80
53177 Bonn
Die Anfahrtsskizze ist auf der Rückseite
beigefügt (Anreise
siehe hier ).
Soweit Sie am Erscheinen gehindert sind, erteilen
Sie bitte Vollmacht gemäß dem als
- Anlage 1 -
beigefügten Formular.
Vorgesehen ist folgende
Tagesordnung:
1. Eröffnung und Begrüßung
2. Bericht des Vorsitzenden
3. ergänzende Berichte der übrigen Vorstandsmitglieder
4. Aussprache
5. Finanzbericht des Geschäftsführers
6. Bericht der Kassenprüferin
7. Entlastung des Vorstandes
8. Ehrenmitgliedschaft für unseren langjährigen
Geschäftsführer Ernst Ikert
9. Vortrag von Frau Constanze Paffrath über ihr
Buch: “Macht und Eigentum, die Enteignungen
1945 bis 1949 im Prozess der deutschen Wiedervereinigung”
10. Verschiedenes
Turnusmäßig berichte ich wie folgt:
1. Beschwerden zum
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
a) Die Beschwerde von Frau Dr. Grün zur Entziehung
des Bodenreformeigentums durch das 2. Vermögensrechtsänderungsgesetz
im Jahre 1992 war erfolgreich. Hierüber berichtete
die gesamte deutsche Presse. Von den Presseveröffentlichungen
füge ich beispielhaft bei:
FAZ vom 23. Januar 2004
- Anlage 2 -
Kommentar in der Mitteldeutschen
Zeitung vom 23. Januar 2004
- Anlage 3 -
Ich selbst habe zu der Entscheidung
noch am 22. Januar 2004 per Telefax die als
- Anlage 4 -
beigefügte Pressemitteilung
für die IOB verschickt und außerdem den
als
- Anlage 5 -
beigefügten Leserbrief
an die FAZ gesandt. Die Ambivalenz der Entscheidung
wird besonders deutlich anhand von zwei Leserbriefen
aus der “Volksstimme” Gardelegen vom 10.
Februar 2004
- Anlage 6 -
und einen Leserbrief von Dr.
Golf in der FAZ vom 28. Februar 2004.
- Anlage 7 -
b) Beschwerden gegen das EALG
Die IOB hat die für dieses Frühjahr fällige
Vorstandssitzung mit einem Besuch in Straßburg
verbunden, um an der Verhandlung über die Beschwerden
gegen das EALG am 29. Januar 2004 teilzunehmen. Über
die Verhandlung habe ich im Internet, wie aus der
- Anlage 8 -
ersichtlich, berichtet. Diesem
Bericht ist gegenwärtig nichts hinzuzufügen.
Die Entscheidung des EGMR erwarte ich nicht vor dem
01. Juni 2004.
2. Entschädigungsrechtsänderungsgesetz
(EntschRÄndG)
Den vollständigen Text des am 10. Dezember 2003
in Kraft getretenen EntschRÄndG füge ich
als
- Anlage 9 -
bei. A u f z w e i D i n g e
m a c h e i c h S i e b e s o n d e r s a u f m e
r k- s a m :
a) Anders als zunächst erwartet,
ist es bei der 6 %igen Verzinsung der Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche
verblieben (Art. 1 Ziff. 1).
Der Entwurf des EntschRÄndG
sah noch eine Herabsetzung des Zinssatzes ab 01. Januar
2008 auf 4 % vor (vgl. IOB-Rundschreiben vom 12. Dezember
2003, Ziff. 3). In seiner vorschnellen Besprechung
des noch nicht verabschiedeten EntschRÄndG in
der Fachzeitschrift VIZ 2003, S. 505 geht der uns
sattsam be-kannte Prof. Motsch noch davon aus, dass
diese vom BMF beabsichtigte Herabsetzung des Zinssatzes
Gesetz würde. Hiergegen erhoben sich aber vor
der zweiten und dritten Lesung im Bundestag erhebliche
Bedenken im zuständigen Finanzausschuss des Bundestages,
so dass es auch für die Zeit nach dem 01. Januar
2008 bei einer Verzinsung von 6 % p.a. bzw. 1/2 %
p.m. geblieben ist. Ausschlaggebend für die Beibehaltung
des Zinssatzes dürfte der Gedanke gewesen sein,
dass Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsansprüche
bereits in erheblichem Umfang verkauft sind und die
gewerblichen Aufkäufer mit 6 % über den
01. Januar 2008 hinaus kalkuliert haben. Für
diese Aufkäufer wäre die Herabsetzung des
Zinssatzes eine entschädigungslose Enteignung
gewesen. Hinzu gekommen sein wird die Erwägung,
dass die Verzinsung von 6 % eine Kompensation dafür
darstellt, dass die Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsansprüche
bis zum 01. Januar 2004, also für einen Zeitraum
von mehr als 13 Jahren seit der Wiedervereinigung,
völlig zinslos gestellt sind. Schließlich
scheint der Gedanke eine Rolle gespielt zu haben,
dass eine Herabsetzung des Zinssatzes von 6 % auf
4 % eine Belohnung für die schleppende Bearbeitung
der Entschädigungsverfahren bei den ÄRoV
darstellt und dazu verleiten könnte, die Bearbeitung
weiter zu verzögern.
Bedenklich an der Novelle ist
allerdings, dass die Verzinsung nur bis zum Kalendermonat
vor der Bekanntgabe des Bescheides läuft. Es
kann hier ein erheblicher zinsfreier Zeitraum zwischen
dem Erlass des Bescheides und der Auszahlung entstehen.
Denn es steht nicht fest und ist nirgendwo geregelt,
welchen Zeitraum die Verwaltung verstreichen lassen
kann, bis gezahlt wird. Die Bestimmung begegnet auch
Bedenken im Hinblick auf Art. 19 GG. Legt nämlich
ein Entschädigungsberechtigter Widerspruch gegen
den Entschädigungsbescheid ein, weil er die festgesetzte
Entschädigung für zu niedrig hält,
kommt die festgesetzte Entschädigung zunächst
nicht zur Auszahlung. Erst wenn das Widerspruchsverfahren
abgeschlossen und der Entschädigungsbescheid
rechtsbeständig geworden ist, wird ausgezahlt.
Während des gesamten Widerspruchsverfahrens,
das Monate und sogar Jahre dauern kann, bleibt der
Entschädigungsanspruch also unverzinst. Im Hinblick
auf die schleichende Geldentwertung bedeutet dies
für den Widerspruchsführer einen nicht unerheblichen
Nachteil. Von ihm geht ein wirtschaftlicher Druck
aus, den Widerspruch zu unterlassen. Dieser Druck
steht mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 GG nicht
im Einklang.
b) Soweit Sie nach 1949 enteignet
wurden, b e a c h t e n S i e u n b e d i n g t d
i e F r i s t i n § 5 d e s A r t . 4 d e s G
e s e t z e s (Gesetz zur Regelung des in der Deutschen
Demokratischen Republik nicht erfüllter Entschädigungsansprüche
aus Enteignung)! Danach können Anträge auf
nachträgliche Erfüllung von Entschädigungsansprüchen,
ferner Rechte an enteigneten Grundstücken nur
bis zum
1 6. J u n i 2 0 0 4 geltend gemacht werden!
Die unbedingt zu beachtende Ausschlussfrist
betrifft
• Entschädigungen
nach den Gesetzen der DDR, die auszuzahlen sind, wenn
keine Entschädigung nach dem EALG gewährt
wird
• bisher gesetzlich nicht
erfasste Entschädigungsansprüche für
Rechte an Grundstücken, in erster Linie also
Hypotheken und Grundschulden. Für den Verlust
derartiger Rechte wurden bisher dann keine Entschädigungen
gewährt, wenn das belastete Grundstück während
der Zeit der DDR “redlich” erworben worden
war.
Soweit Sie nach 1949 enteignet
wurden und entsprechende Ansprüche noch nicht
angemeldet haben, tun Sie dies bitte. Das gilt auch
dann, wenn noch Rechtsstreitigkeiten wegen Ihrer Berechtigung
nach dem VermG oder dem EntschG schweben, weil für
den Fall eines negativen Prozessausganges Rechtsverluste
drohen können.
3. Rückforderung/Verrechnung
von Lastenausgleich - hier: Kriegsschadenrente
In einem Musterprozess, der beim VG Köln geführt
wurde, hat das VG Köln die Berechtigung zur Rückforderung
auch der Kriegsschadenrente nach dem 33. ÄndG
LAG bestätigt. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Hiergegen habe ich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Das BVerwG hat der Beschwerde stattgegeben und die
Revision zugelassen.
Ich rechne nun damit, dass im
Laufe des zweiten Halbjahrs 2004 vor dem BVerwG verhandelt
wird und hoffe, dass ich das bestmögliche Ergebnis
erziele, nämlich dass das BVerwG den Prozess
aussetzt und dem BVerfG die Frage vorlegt, ob die
Rückforderung von Kriegsschadenrente nach dem
33. ÄndG LAG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
4. Doktorarbeit von
Frau Constanze Paffrath
Die Doktorarbeit ist zwischenzeitlich im Buchhandel
erhältlich, vgl. den Anfang der als
- Anlage 10 -
beigefügten Buchbesprechung
in der FAZ vom 19. Februar 2004.
Die Buchbesprechung schicke ich
besonders mit, weil hier ausgerechnet in der den Enteigneten
wohl gesonnenen FAZ kritisch über die Arbeit
geurteilt wird. Gegen die Buchbesprechung hat es zahlreiche
Proteste in Leserbriefen an die FAZ gegeben. Zwei
der wichtigsten Leserbriefe aus der FAZ vom 27. Februar
2004, nämlich die unseres ehemaligen Vorstandsmitglieds
Karin Rohde und die des ehemaligen Bundesrichters
Falk von Maltzahn sind als
- Anlage 11 -
beigefügt. Ich habe Frau
Paffrath für die Jahresversammlung am 23. April
2004 als Referentin eingeladen. Sie wird im Rahmen
ihres Vortrags zu der kritischen Buchbesprechung aus
der FAZ sicher Stellung nehmen.
5. Presseveröffentlichungen
Das Urteil vom 22. Januar 2004 über das Bodenreformeigentum,
die Verhandlung am 29. Januar 2004 sowie die in der
Öffentlichkeit bekannt gewordene Doktorarbeit
von Frau Paffrath hat das öffentliche Augenmerk
auf unsere Problematik gelenkt. Zwei besonders wichtige
Publikationen sind dabei
a) der Leitartikel in der ZEIT
vom 29. Januar 2004
- Anlage 12 -
und
b) der Artikel aus dem SPIEGEL
vom 02. Februar 2004 mit dem Titel “Kohl wackelt”.
- Anlage 13 -
Zu diesen beiden Publikationen
ist anzumerken:
a) Der Leitartikel in der ZEIT
stammt von deren Herausgeber Michael Naumann, der
früher Kulturstaatssekretär in der ersten
Legislaturperiode Schröder war. Die ZEIT war
bisher äußerst zurückhaltend, was
unser Thema anbetrifft.
Ich habe Herrn Naumann auf die
Publikation den als
- Anlage 14 -
beigefügten Brief sowie
ein Exemplar meines Karikaturenbandes über das
Bundesverfassungsgericht geschickt. Herr Naumann hat
mir darauf geantwortet, dass die politische Wahl und
Zusammensetzung des BVerfG ein Thema sei, dem man
sich bei der ZEIT demnächst besonders annehmen
wolle.
b) Der SPIEGEL-Artikel lässt
hoffen, dass Kohl noch einmal die ganze Wahrheit um
die Vorbedingungslüge offenbart.
Interessant an dem SPIEGEL-Artikel
ist vor allem die Überschrift. “Kohl wackelt”
liest sich so, als ob es eine verschworene Gemeinschaft
von Eingeweihten gibt, die für die Vorbedingungslüge
und deren Aufrechterhaltung verantwortlich sind und
als ob Kohl aus der Phalanx dieser Verschwörer
auszubrechen droht.
6. Verschiedenes
a) Gemäß einem weiteren Artikel im SPIEGEL
vom 02. Februar 2004
- Anlage 15 -
sind bis heute gut EUR 900 Milliarden
von West- nach Ostdeutschland geflossen. Das sind
ca. DM 1,8 Billionen.
Zum Vergleich: Die Bundesregierung
hat auf eine entsprechende Frage des BVerfG im EALG-Verfahren
erklärt, dass für am Verkehrswert orientierte
Entschädigungen/Ausgleichsleistungen zusätzlich
DM 26 Milliarden erforderlich seien. Eine angemessene
Entschädigung zugunsten der Konfiskationsopfer
würde also nicht einmal 1,5 % der bisherigen
Subventionen für die neuen Bundesländer
kosten!!
b) Aus der jüngsten Quartalsstatistik
des BARoV (per 31. Dezember 2003) füge ich als
- Anlage 16 -
die Tabellen über die Erledigung
der Entschädigungs- und Ausgleichsleistungs-ansprüche
und zum Vergleich die Statistik des Vorquartals (per
30. September
2003) als
- Anlage 17 -
bei. Während nach der Statistik
des BARoV die letzten Restitutionsverfahren kaum vorankommen
- nach wie vor sind knapp 96 % der Verfahren unerledigt
-, wurden ca. 6.000 Verfahren nach dem EALG im letzten
Quartal 2003 abgearbeitet. Bei gleich bleibender Erledigungsquote
und ca. 510.000 Verfahren, von denen 326.000 abgearbeitet
sind, wären die EALG-Ansprüche in acht Jahren
abgearbeitet. Dass dies der Fall sein wird, muss allerdings
bezweifelt werden. Denn die Abarbeitung hat sich zuletzt
deutlich verlangsamt. Im 3. Quartal 2003 wurden noch
rund 16.500 Verfahren abgearbeitet; im 4. Quartal
sind es nurmehr rund 6.000.
Zu berücksichtigen ist außerdem,
dass in der Statistik des BARoV ca. 150.000 Fälle
als erledigt aufgeführt sind, die schon kurz
nach der Wiedervereinigung erledigt waren (es handelt
sich um die Fälle der so genannten Vorabregelung,
also um Entschädigungsleistungen für Kontoguthaben,
die von den Übersiedlern unmittelbar vor und
nach der Wende zurückgelassen werden mussten).
Die
“eigentlichen” EALG-Ansprüche,
nämlich die für entzogene Immobilien und
Unternehmen, sind noch kaum in Gang gekommen. Ihre
Erledigung wird bedeutend mehr Zeit in Anspruch nehmen
als die Entschädigung für Kontoguthaben.
Wie wenig hier erst abgearbeitet ist, zeigt die letzte
Zahl der Statistik per 31. Dezember 2003. Danach wurden
erst für EUR 469.755.916,00, also für ca.
DM 900 Mio. Schuldverschreibungen (für größere
EALG-Ansprüche) zugeteilt. Dem gegenüber
stehen Ansprüche in 10-facher Höhe, also
in Höhe von ca. DM 9 Mia. Von den “eigentlichen”
EALG-Ansprüchen, und das verschweigt die BARoV-Statistik,
sind also erst ca. 10 % abgearbeitet.
Ich hoffe, viele von Ihnen auf der Jahresversammlung
am 23. April 2003 begrüßen zu können.
Die Jahresversammlung wird mit dem Vortrag von Frau
Paffrath und im Blick auf die hängenden Prozesse
sicher interessant werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rosenberger
Vorsitzender