Rundschreiben vom 10. März
2006
Sehr
geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
turnusmäßig
berichte ich wie folgt:
1.
nächste Jahresversammlung
Die nächste Jahresversammlung wird voraussichtlich
am 05. oder 12. Mai 2006 stattfinden. Es ergeht noch
eine gesonderte Einladung.
2.
Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen
(BADV)
Das BARoV ist umbenannt und heißt seit dem 01.
Januar 2006 nicht mehr BARoV (Bundesamt zur Regelung
offener Vermögensfragen), sondern Bundesamt für
zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV).
Welche zusätzlichen Aufgaben das BADV gegenüber
dem BARoV übernommen hat, ist nach der Homepage
des BADV nicht klar. Nach der letzten Beiratssitzung
sollen dem BADV neben den bisherigen Aufgaben des
BARoV auch die Aufgaben des Bundesausgleichsamtes
(BAA) zufallen.
Das
BADV ist nicht mehr, wie bisher, unter der Mauerstraße
39-40 in 10117 Berlin ansässig, sondern unter
der Anschrift DGZ-Ring 12, 13086 Berlin (das ist Heinersdorf
zwischen Pankow und Weissensee).
3.
Buch zur “Unwürdigkeit”
Das Buch liegt Ende des Monats gedruckt vor. Ich werde
Ihnen ein Exemplar zusammen mit der Einladung zur
Jahresversammlung übersenden.
Über
den Inhalt des Buches wird auf der nächsten Beiratssitzung
am 30. März 2006 diskutiert werden. Herr Dr.
Märker und ich werden auf der Jahresversammlung
über das Ergebnis berichten.
4.
Bundesratsinitiative des niedersächsischen Ministerpräsidenten
Christian Wulff
Hierzu berichtete die FAZ in ihrer Ausgabe vom 03.
Januar 2006. Den entsprechenden Artikel füge
ich als
-
Anlage 1 -
bei.
Wie
aus dem Artikel zu entnehmen ist, sind nur kleine
Schritte vorgesehen, vgl. auch den (in der FAZ später
abgedruckten) Leserbrief unseres Mitgliedes Helmut
Knoch
-
Anlage 2 -
und
einen weiteren Leserbrief von Hans-Joachim Kersten
aus der FAZ vom 21. Januar 2006.
-
Anlage 3 -
Unser
Mitglied Michael Kromarek hatte mehrfach an Herrn
Wulff geschrieben und mit Datum vom 19. Januar 2006
die als
-
Anlage 4 -
beigefügte
Antwort erhalten. Herr Kromarek hat daraufhin Herrn
Wulff mit Datum vom 24. Januar 2006 geantwortet. Die
wesentliche Teile seines handschriftlichen Briefes
lauten:
“Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
ich
bedanke mich für Ihre Nachricht vom 19.1.2006!
Ich freue mich über politische Redlichkeit und
persönliche Ehrlichkeit.
Gestatten
Sie mir, Sie - zur Förderung Ihrer Bemühungen
- noch auf folgendes hinzuweisen: Opfer der Bodenreform
waren die Landwirte, Opfer der Enteignungen 1945-1959
waren aber auch - und besonders - hunderte Gewerbetreibende,
klein- und mittelständische Unternehmen, Unternehmer,
die wie erstere von dem Ausschluß der Rückgabe
und den unglaublichen Regelungen des EALG betroffen
sind. Inzwischen ist es so in der BRD, daß -
noch auf Weisung des ehem. Finanzministers Eichel
- fast alle Enteigneten unter die Unwürdigkeitsklausel
des § 1 Abs. 4 EALG subsumiert und deren (während
des Krieges oder kurz danach geborenen) Erben als
“Nutznießer von Kriegsverbrechern”
diskriminiert werden nur, um die lächerliche
Entschädigung nach dem EALG auch noch vermeiden
zu können (eine neue Form der Sippenhaft). Ich
selbst (+ 2 Geschwister) bin Erbe eines 1949 enteigneten
mittelgroßen Unternehmens der Metallverarbeitung
in Berlin. Nach erfolglosen Verfahren auf der Grundlage
des VermG habe ich das Land Berlin (LAROV) auf eine
Entschädigung nach dem EALG verklagt und vor
dem VG Berlin in 2 Verfahren (Betriebsvermögen
und Privatvermögen meines Vaters) gewonnen. Das
LAROV betreibt nun in beiden Verfahren die Nichtzulassungsbeschwerde
gegen die vom VG versagte Revision - und wird auch
vor dem BVerwG die These aufrechterhalten, daß
alle mittelständischen Unternehmer, wenn sie
Kriegsgefangene und/oder Zwangsarbeiter beschäftigt
hatten, per se “Kriegsverbrecher” und
damit “Unwürdige” i.S. des EALG waren
- und damit automatisch deren (hier 1941, 1942 u.
1944 geborene) Erben. Hier in Frankreich kommt man
aus dem Staunen nicht heraus. Da ich weiß, daß
Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, an
dieser Problematik interessiert sind, erlaube ich
mir, Ihnen einen Hinweis auf eine Veröffentlichung
mit dem Titel “Unwürdigkeit im Recht der
offenen Vermögensfragen” zu geben, die
von Herrn Rechtsanwalt Dr. Fritz Rosenberger, Vorsitzender
der IOB in Köln stammt, und im Februar 2006 im
Beck-Verlag erscheinen wird. ...
Es
gibt, um das zusammenzufassen, zwei Lösungen
des Problems: Entweder man stellt gesetzlich die 1945-1949
Enteigneten - mindestens hinsichtlich der Entschädigung
- allen anderen Enteigneten gleich oder, wenn die
BRD partout kein Geld dafür hat, man erklärt,
daß aus finanziellen Gründen weder Rückgabe
noch Entschädigung möglich ist, die Betroffenen
aber weder als Gewerbetreibende noch als Unternehmer
“Kriegsverbrecher” und deren Kinder “Nutznießer”
solcher Verbrecher waren bzw. sind.
Ich
wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Unternehmungen
...”
5. R e c h t l i c h e Aktionen für eine Verbesserung
von Entschädigungen/ Ausgleichsleistungen
a) Eine Beschwerde zum EGMR, die von der sogenannten
ARE angestrengt worden war und die Verbesserung des
begünstigten Flächenerwerbs für Alteigentümer
zum Ziel hatte, ist im Januar als unzulässig
verworfen worden.
b)
Die AfA (Arbeitsgemeinschaft für Agrarfragen
in den neuen Bundesländern) promoviert eine Beschwerde
zur UN-Menschenrechtskommission wegen der zu
geringen Entschädigungen/Ausgleichsleistungen.
Die UN Menschenrechtskommission ist kein richterliches,
sondern ein politisches Gremium. Sie kümmert
sich um Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen
Welt. Bei ihr gehen jährlich 30.000 bis 40.000
Beschwerden ein.
Die
Aussichten ihrer Beschwerde werden von der AfA selbst
skeptisch beurteilt. Im Hinblick auf die “Not
in der Welt” erscheine es äußerst
fraglich, daß die Menschenrechtskommission Beschwerden
von Bodenreformopfern annimmt. Die AfA hofft
allerdings, anhand besonders drastischer Fälle
von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit
den Konfiskationen der Jahre 1945 bis 1949 das Interesse
der UN-Menschenrechtskommission wecken zu können.
Würde
ihre Beschwerde angenommen und die Bundesrepublik
Deutschland antragsgemäß verurteilt, verspricht
sich die AfA davon einen Anstoß für eine
Änderung der Rechtslage zugunsten der Betroffenen.
Anders als bei Entscheidungen des EGMR ist die
Bundesrepublik allerdings frei, inwieweit sie eine
Entscheidung der UN-Menschenrechtskommission umsetzt.
Wegen
a)
der geringen Erfolgsaussichten,
b)
der offenen Frage, inwieweit die Bundesrepublik eine
sie verurteilende Entscheidung umsetzt,
c)
der hohen Kosten einer derartigen Beschwerde
hat
der Vorstand der IOB von einer eigenen Beschwerde
Abstand genommen. Er wird allerdings das Genfer Verfahren
beobachten und, sollte sich hier etwas tun, zeitnah
berichten.
c)
Vor dem EGMR ist noch ein Nachverfahren zum Komplex
der Entscheidung vom 30. März 2005 (also zur
Höhe der Entschädigungen und Ausgleichsleistungen)
anhängig. Die entsprechende Beschwerde richtet
sich gegen die Versagung der verwaltungsrechtlichen
Rehabilitierung und damit auf die Unvereinbarkeit
der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG
mit der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die Beschwerde dürfte nur geringe Erfolgsaussichten
haben, nachdem sich der EGMR in seiner Entscheidung
vom 30. März 2005 festgelegt hat (vgl. mein Rundschreiben
vom 12. Mai 2005 und die S. 4 ff meines Rechenschaftsberichtes,
Anlage 1 zum Rundschreiben vom 10. Juni 2005).
d)
Wegen der Möglichkeiten, über eine strafrechtliche
Rehabilitierung die Restitution durchsetzen zu können,
soll auf der Jahresversammlung Anfang Mai 2006 diskutiert
werden. Ich hoffe, Herrn Dr. Johannes Wasmuth für
einen Vortrag zu der Problematik zu gewinnen.
6.
Buchempfehlungen
a) Aus Mitgliederkreisen kam die Anregung, daß
die IOB eine Chronologie über die Enteignungen
und die Täuschungsmanöver anläßlich
der Wiedervereinigung erstellt. Zu der Problematik
gibt es ein ganzes Buch: “Wahrheit und Recht”
von Udo Madaus mit 784 Seiten, das soeben erschienen
ist. Einen Flyer zu diesem Buch füge ich diesem
Rundschreiben bei.
b)
Claus-J. Duisberg: “Das deutsche Jahr, Einblick
in die Wiedervereinigung 1989/90”, WJS-Verlag
Berlin 2005, ISBN 3937989099, 392 Seiten, EUR 24,90.
Mit
freundlichen Grüßen
Dr. Rosenberger
Vorsitzender
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