IOB
   Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.

 
 

Rundschreiben vom 10. Dezember 2009

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

turnusmäßig berichte ich wie folgt:

1.politische Situation

Die FDP hat sich in den Koalitionsverhandlungen insofern durchsetzen können, als es auf S. 101 und 104 des Koalitionsvertrages heißt:

„Wir werden eine Arbeitsgruppe bilden, die im Hinblick auf die Enteignungen 1945 bis 1949 prüfen soll, ob es noch Möglichkeiten gibt, Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, den Betroffenen zum bevorzugten Erwerb anzubieten.“

Weiter heißt es:

„Ehemalige Treuhandflächen
Die Verwertung der Flächen der Bodenverwertungs- und Verwaltungs- GmbH (BVVG) soll unter verstärkter Berücksichtigung agrarstruktureller Belange zügig vorangebracht und im wesentlichen bis zum Jahr 2025 abgeschlossen werden. Die gegenwärtige Verkaufspraxis der BVVG wird überprüft. Wir setzen Verbesserungen beim Flächenerwerbsänderungsgesetz i.S. der Alteigentümer durch.“


Die Koalitionsvereinbarung von FDP und CDU/CSU betrifft offenbar in erster Linie die Verbesserung des begünstigten Flächenerwerbs, wie er bereits im Flächenerwerbsänderungsgesetz vorgesehen ist, das in der letzten Legislaturperiode verabschiedet wurde. Demgegenüber scheint eine generelle Besserstellung der Enteigneten, etwa durch Aufstockung der Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen nach dem EALG, nicht vorgesehen zu sein.

Immerhin war die Koalitionsvereinbarung in diesem Punkt dem SPIEGEL einen Artikel wert; ihn füge ich als

-Anlage 1 -

bei, zusammen mit einem Leserbrief von Margarete von Schnehen (der Herausgeberin der drei Bände: „Im Strom der Zeit“ I., II. und III.) vom 05. November 2009.

- Anlage 2 -

In seltsamen Gegensatz zu dem, jedenfalls programmatischen, Einsatz der FDP für die Enteigneten in der SBZ/DDR steht der langsam ins Groteske schwenkende Kampf von Herrn Westerwelle gegen einen Sitz von Frau Steinbach im Beirat der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“. Der FDP scheint dieser Kampf nicht zu bekommen. Im Politbarometer der ARD hat die FDP in der Zeit zwischen Anfang November und Anfang Dezember 2009 verloren. Auf die vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap gestellte Sonntagsfrage (Wie würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundes­tagswahlen wären?) äußerten Anfang Dezember d.J. nur noch 12 % ihre Präferenz für die FDP. Anfang November waren es noch 14 %. Das bedeutet einen Verlust von mehr als 14 % Wählerstimmen. Ich gehe davon aus, daß der Großteil dieser Verluste dem in mehrerlei Hinsicht unsinnigen Kampf von Herrn Westerwelle gegen Frau Erika Steinbach und dem damit verbundenen Ansehensverlust der FDP geschuldet ist.

2.straf- und verwaltungsrechtliche Rehabilitierung

a) Zur strafrechtlichen Rehabilitierung gab es zwei Artikel in der FAZ vom 29. Oktober 2009, die ich Ihnen als

- Anlage 3 -

zur Kenntnis gebe. Die Artikel enthalten einige neuere Informationen.

So sind Mitte November 2009 die Namen von 10.091 Personen, deren Urteile in den vergangenen Jahren durch die Moskauer Militärstaatsanwaltschaft überprüft wurden, auf der Internetseite: www.dokst.de veröffentlich worden. Die entsprechende Informationsstelle gehört zur „Stiftung Sächsische Gedenkstätten“.

Interessant ist auch folgendes: Zwischen 1945 und 1953 sind in der SBZ ca. 35.000 Zivilisten von sowjetischen Militärgerichten jedweder Art verurteilt worden. Die „Stiftung Sächsische Gedenkstätten“ beginnt mit der Suche nach Betroffenen oder noch lebenden Familienmitgliedern der zu Unrecht Verurteilten. Viele wissen von den Rehabilitierungen nichts. Das liegt daran, daß die Militärgerichte seinerzeit die Angeklagten oft in Gruppen abgeurteilt haben. Hatte nur ein Betroffener der Gruppe einen Rehabilitierungsantrag gestellt und wurde das Urteil daraufhin aufgehoben, wurden die übrigen Verurteilten der Gruppe darüber bisher nicht informiert.

Rußland hatte die Namen aller Rehabilitierten zunächst an das AA weitergeleitet, das aber keine Betroffenen ermittelt hat. Anfang Juni 2008 hat dann die Stiftung in Dresden diese Aufgabe übernommen.

b) Verschiedene Verwaltungsgerichte haben in der Vergangenheit geurteilt, daß jedenfalls die Ortsverweisung im Anschluß an eine Enteignung aus der Zeit zwischen 1945 bis 1949 verwaltungsrechtlich rehabilitierbar ist. Gegenwärtig ist beim BVerwG eine Sache anhängig, in der es um Folgeansprüche geht, die aus der Ortsverweisung abgeleitet werden.

Über den Ausgang der Sache werde ich berichten. Sollte das BVerwG Folgeansprüche zuerkennen, wird der generelle Rat zu erteilen sein, wegen der Ortsverweisungen verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsanträge zu stellen.

Ich komme auf das Thema in einem der nächsten Rundschreiben zurück.

3.IOB-intern

a)Eine Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben der IOB mit Vergleichen zu den Jahren 2007 und 2008 füge ich als

- Anlage 4 -

bei.

b) Die Homepage der IOB – www.i-o-b.de – ist, was die aktuellen Informationen anbetrifft, auf den neuesten Stand gebracht worden und wird auch aktuell gehalten. Da die Rundschreiben der IOB nur vierteljährlich herausgehen, lohnt es sich, zwischendurch einmal den Link „Aktuelle Informationen“ auf der Homepage anzuklicken.

4. Verschiedenes

Dr. Hermann Koebe, ehemaliges Mitglied der IOB, hält vor ostdeutschen Schülern Vorträge zu den Enteignungen auf dem Gebiet der früheren DDR und den Versäumnissen der Bundesregierung im Zuge der Wiedervereinigung. Einen Artikel aus der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 09. September 2009, der hierüber berichtete, füge ich als

- Anlage 5 -

bei.

Für heute darf ich schließen und Ihnen allen ein gesundes und frohes Weihnachtsfest wünschen. Kommen Sie gut ins neue Jahr!

Mit den besten Grüßen

Dr. Rosenberger
Vorsitzender

 
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