Sehr
geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
turnusmäßig
berichte ich wie folgt:
1.
Unwürdigkeitsklausel des § 1 Abs. 4 AusglLeistG
Am 28.02.2007 hat das BVerwG in zwei Fällen entschieden,
daß die Beschäftigung von Kriegsgefangenen
in der Rüstungsindustrie sowie von Zwangsarbeitern
jedenfalls dann nicht zum Ausschluß von Ausgleichsleistungen
berechtigt, wenn Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter
anständig behandelt wurden. Die entsprechende
Presseerklärung des BVerwG ist als
-
Anlage 1 -
beigefügt.
Über die Entscheidungen wurde insbesondere in
den neuen Bundesländern berichtet; ein Artikel
aus den “Dresdner Neuesten Nachrichten”
ist als
-
Anlage 2 -
beigefügt.
Unglaublich ignorant und voller Vorurteile hat die
Entscheidungen die “Süddeutsche Zeitung”
in den als
-
Anlage 3 -
beigefügten
Artikeln kommentiert. Ich habe dazu den als
-
Anlage 4 -
beigefügten
Leserbrief geschrieben. Ein wahrscheinlich umfangreicher
und eingehender Artikel von Klaus Peter Krause
wird demnächst in der “Jungen Freiheit”
erscheinen; Sie sollten sich die “Junge
Freiheit” vom 15. und 22.03.2007 kaufen.
Hoffentlich
wird die Verwaltung im Hinblick auf die Entscheidungen
vom 28.02.2007 die ausgeuferte Würdigkeitsprüfung
zurückfahren. Hoffentlich werden die wegen der
“Unwürdigkeit” anhängigen Verwaltungs-
und Gerichtsverfahren demnächst abgekürzt
und zugunsten der Enteigneten entschieden. Über
die Verhandlung vor dem BVerwG und die Entscheidungen
vom 28.02.2007 werde ich auf der Jahresversammlung
ausführlich berichten.
Noch
nicht klar erkennbar in der Rechtsprechung des BVerwG
ist, wann es ein “erhebliches Vorschubleisten”
i.S. des § 1 Abs. 4 AusglLeistG annimmt und wo
die Grenze zwischen einem erheblichen und nicht mehr
erheblichen Vorschubleisten zu ziehen ist. Ich hatte
Ihnen im letzten Rundschreiben vom 12.12.2006 die
Pressemitteilung des BVerwG über seine
Entscheidung vom 19.10.2006 mitgesandt. Danach begründet
die ehrenamtliche Tätigkeit als NSDAP-Kreisrichter
und als Amtsleiter in einer NSDAP-Kreisleitung noch
kein erhebliches Vorschubleisten. Andererseits soll
nach einer weiteren Entscheidung des BVerwG die Tätigkeit
in der Führung eines Gaues in der Regel als Vorschubleisten
zu werten sein. Auch soll nach einer Entscheidung
vom 14.12.2006 ein Arzt, der SA-Sanitätsstandartenführer
und Gauredner war, ferner an einem Erbgesundheitsgericht
an zahlreichen Sterilisierungsentscheidungen
mitgewirkt und selbst Sterilisierungen durchgeführt
hat, dem nationalsozialistischen System erheblich
Vorschub geleistet haben (Az. 3 C 36.05).
2.
sachliche Ausschlußklausel des § 1 Abs.
3 Nr. 1 AusglLeistG
Nach einer Nichtannahmeentscheidung des BVerwG (Az.
5 B 39.06), ebenfalls vom 14.12.2006, soll es für
Unternehmen, die in sowjetische Aktiengesellschaften
(SAGs) eingegliedert waren, keine Ausgleichsleistungen
geben.
Nach
§ 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG werden keine Ausgleichsleistungen
gewährt für Vermögensgegenstände,
die zu Reparationszwecken weggenommen und in die Volkswirtschaft
eines fremden Staates eingegliedert wurden oder wo
die entsprechende Absicht bestand. Diese Bestimmung
wendet das BVerwG auf Unternehmen an, die von der
Sowjetunion nach 1945 in Gänze konfisziert und
als Sowjetische Aktiengesellschaften weitergeführt
worden waren.
An
SAGs gab es nach dem Krieg 25. Ihr Sitz blieb in Deutschland.
Auch das Personal blieb deutsch, von der obersten
Führung vielleicht abgesehen. Die SAGs produzierten
sowohl für den deutschen, wie den sowjetischen
Markt. Im Jahre 1954 kaufte die DDR die konfiszierten
Unternehmen von der Sowjetunion zurück. Es wurde
ein Preis von 2,5 Milliarden Mark gezahlt. Eine Ausnahme
galt für die SAG Wismuth. Die SAG Wismuth wurde
nur zur Hälfte verkauft und blieb zur Hälfte
in sowjetischem Eigentum. Sie wurde zur Sowjetisch-Deutschen
Aktiengesellschaft (SDAG) Wismuth. Durch ein eigenes
Gesetz wurde der noch der Sowjetunion gehörige
Häfteanteil an der Wismuth im Jahre 1991 auf
die Bundesrepublik übertragen.
Der
Beschluß des BVerwG vom 14.12.2006 sollte nicht
das letzte Wort sein. Vielmehr sollte versucht werden,
die Frage um die Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr.
1 AusglLeistG noch einmal über ein anderes Verwaltungsgericht
als das VG Gera, das bisher mit der Materie befaßt
war, an das BVerwG heranzutragen. Ich kann mir vorstellen,
daß andere Verwaltungsgerichte die Sache
anders sehen und entweder gegen das BVerwG entscheiden
oder zumindest die Revision zum BVerwG zulassen, so
daß die Anwendbarkeit des § 1 Abs.
3 Nr. 1 AusglLeistG noch einmal grundsätzlich
überprüft wird.
Gegen
die Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG
auf in SAG eingegliederte Unternehmen spricht
in erster Linie, daß es an dem Tatbestandsmerkmal:
Eingliederung in eine fremde Volkswirtschaft
fehlt. Ein Unternehmen, das
a)
in Deutschland produzierte
b)
dessen gesamtes Personal deutsch war
c)
das in Deutschland, um einen bekannten DDR-Ausdruck
zu benutzen, “bilanzierte”
d)
das betriebswirtschaftlich, steuermäßig,
prüfungsmäßig und organisatiorisch
in die SBZ/DDR eingegliedert war
gehörte
nach allgemeiner Auffassung zur Volkswirtschaft der
SBZ/DDR, nicht aber zur sowjetischen Volkswirtschaft,
auch wenn Eigentümer die Sowjetunion war. Der
Sachverhalt ist ähnlich wie etwa bei Opel
und Ford, die amerikanischen Gesellschaften gehören
und bei denen überhaupt kein Zweifel besteht,
daß sie zur Volkswirtschaft der Bundesrepublik
gehören.
Gegen
die Anwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG
auf diese SAGs gibt es weitere Bedenken. Reparationen
wandten sich gegen den deutschen Staat, nicht aber
gegen Einzelunternehmen. Es ist kein sachlicher Grund
erkennbar, warum die Rechtsnachfolger zu Reparationszwecken
weggenommener Unternehmen keinen Anspruch auf Ausgleichsleistungen
haben sollen. Die Verfassungsmäßigkeit
des Reparationsgesetzes, auf das sich §
1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG bezieht, steht nach einer
Kontroverse der 70er Jahre im Zweifel. Gegen die Anwendung
des § 1 Abs. 3 Nr. 1 AusglLeistG auf SAGs spricht
schließlich, daß die Bundesregierung heute
ungerechtfertigt um deren Vermögen bereichert
ist.
Soweit
Sie an einem Unternehmen beteiligt waren, das zu Reparationszwecken
von der Sowjetunion weggenommen und in eine SAG eingegliedert
war, rate ich Ihnen dringend dazu, gegen einen negativen
Ausgleichsleistungsbescheid zu klagen. Der Vorstand
der IOB leistet hierbei gerne Hilfestellung.
3.
verwaltungs- und strafrechtliche Rehabilitierung
a) verwaltungsrechtliche Rehabilitierung
Am gleichen Tage, als das BVerwG zu § 1 Abs.
4 AusglLeistG verhandelte und entschied, also
am 28.02.2007, gab es noch einmal eine Verhandlung
und Entscheidung zur verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung.
Es muß sich dabei wohl um einen Sonderfall gehandelt
haben, bei dem das erstinstanzliche Verwaltungsgericht
die Revision zum BVerwG zugelassen hatte. In dieser
Sache hat der Kläger verloren. Diese Entscheidung
vom 28.02.2007 bestätigt, daß die Schiene
der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung verbaut
ist und verbaut bleibt.
b)
strafrechtliche Rehabilitierung
Die Frist für die Stellung eines strafrechtlichen
Rehabilitierungsantrages läuft nach der
gegenwärtigen Rechtslage zum 31.12.2007 aus.
Wir werden uns auf der Jahresversammlung am 27.04.2007
darüber Gedanken machen müssen, ob vorsorglich
Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierungen
vor dem 31.12.2007 gestellt werden sollten. Die Alternative
wäre, daß wir bis zum Jahresende 2007 abwarten,
ob die Frist für die Stellung von Rehabilitierungsanträgen
noch einmal gesetzlich verlängert wird.
Der Bundestag hatte die Frist schon zweimal verlängert;
es kann sein, daß eine nochmalige Verlängerung
erfolgt. Das wäre günstig, weil wir dann
noch abwarten könnten, wieweit Herr Dr. Wasmuth
mit seinen strafrechtlichen Rehabilitierungsanträgen
Erfolg hat.
4.
Mitgliederstand
Die IOB hat zum 01.01.2007 310 Mitglieder. Das ist
zu wenig, um den Fortbestand der IOB im bisherigen
Rahmen garantieren zu können. Bitte werben Sie
für eine Mitgliedschaft in der IOB! Bitte
sprechen Sie dieserhalb Ihren Bekannten- und Verwandtenkreis
an. Wir haben neben der Vollmitgliedschaft, für
die ein Jahresbeitrag von EUR 75,00 (bei Firmen: EUR
125,00) zu zahlen ist, eine Familienmitgliedschaft,
wonach Familienangehörige von voll zahlenden
Mitgliedern nur EUR 35,00 zahlen
müssen, jedoch den vollen Service der IOB in
Anspruch nehmen können. Machen Sie bitte insbesondere
Ihre Kinder auf diese Möglichkeit aufmerksam!
Offerieren Sie Ihren Kindern die Mitgliedschaft, wenn
Sie selbst altersbedingt ausscheiden wollen!
5.
allgemeine Öffentlichkeitsarbeit
Für seinen Film “Das Leben der anderen”
hat Florian Henckel von Donnersmarck kürzlich
den Oscar erhalten. Daran ist zu ersehen, daß
das Unrechtssystem der DDR immer noch aktuell ist
und, wenn der Rahmen paßt, auch das allgemeine
Bewußtsein sich dessen erinnert. Auch unsere
Problematik könnte eine Renaissance im allgemeinen
Bewußtsein und in der Öffentlichkeit erhalten,
wenn diese Problematik in einem geeigneten Rahmen
aufbereitet wird.
Dafür
können Kontakte, wie zu Florian Henckel von Donnersmarck,
nützlich sein. Wenn Sie über einschlägige
Kontakte verfügen, nutzen Sie sie bitte. Nur
wenn es allgemeine Ansicht wird, daß zugunsten
der in der SBZ/DDR Enteigneten Verbesserungen
erforderlich sind, können wir hoffen, daß
es dazu auch kommt.
6.
Abtretung von Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüchen
a) Es gibt bekanntlich zwei Firmen, die Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche
aufkaufen bzw. aufgekauft haben. Das eine ist die
Status GmbH, das andere ist die Talleur GmbH. Beide
haben ihren Sitz in Hamburg. Die Talleur GmbH hatte
sich anläßlich unserer Jahresversammlung
am 03.06.2005 in Person ihres Geschäftsführers,
Herrn Daniel Talleur und in Person von Herrn Dr. Ali
Arnaout vorgestellt.
Die
Status GmbH kauft keine Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche
mehr auf. Sie können daher, wenn Sie mit einem
Verkauf Ihrer Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche
an einen gewerblichen Ankäufer liebäugeln,
daher nur noch an die Talleur GmbH abtreten. Wegen
des Disagios, das die Talleur GmbH beansprucht
und das gegenwärtig bei 20 % des Wertes der Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche
liegt, sollten Sie allerdings reiflich überlegen,
ob Sie nicht
aa)
auf die Abtretung verzichten oder
bb) an einen Familienangehörigen abtreten.
b)
Bei abgetretenen Ansprüchen haben einige Ausgleichsämter
eine absonderliche Theorie zur Rückforderung
bzw. Verrechnung von Lastenausgleich entwickelt. Sie
stellen sich auf den Standpunkt, daß mit dem
Verkauf der Ausgleichsleistungsansprüche
der Schaden i.S. des § 349 LAG ausgeglichen ist
und daß damit der Zedent Adressat eines Rückforderungsbescheides
wegen des gezahlten Lastenausgleichs wird (nicht
etwa: eines Rückforderungsbescheides zur Verrechnung!).
Das
ist natürlich Unfug. Infolge der Abtretung geht
der abgetretene Anspruch mit allen Aktiven und Passiven
auf den Zessionar über. Der gezahlte Lastenausgleich
kann nur im Rahmen der Verrechnung berücksichtigt
werden, wobei Adressat, auch eines Rückforderungsbescheides
zur Verrechnung, nur der Abtretungsempfänger
werden kann.
In
den gewerblichen Abtretungsverträgen, soweit
ich sie kenne, ist jeweils geregelt, daß die
Status GmbH bzw. die Talleur GmbH für die Rückzahlung
von Lastenausgleich aufzukommen hat. Soweit
die Status GmbH bzw. die Talleur GmbH Sie mit der
Rückforderung der Ausgleichsämter “im
Regen stehen” läßt oder für
die Freistellung von einem Rückforderungsanspruch
zusätzliche Bedingungen stellt, rät
der Vorstand der IOB, Widerstand zu leisten und ggf.
anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Abtretungsempfänger
ist nach Geist und Inhalt der Zessionsverträge
verpflichtet, Sie von Forderungen der Ausgleichsämter
freizustellen.
7.
Verschiedenes
a) Einen Bericht aus der FAZ vom 28.12.2006 und einen
Leserbrief hierzu von unserem Mitglied Helmut Knoch
aus Bad Soden überreiche ich Ihnen als
-
Anlage 5 -.
b)
Der BFH hat am 26.10.2006 (Az. II R 49/05) entschieden,
daß Käufe von land- und forstwirtschaftlichen
Grundstücken auf der Grundlage der §§
3 bis 5 AusglLeistG, Grunderwerbsteuer auslösen.
Der begünstigte Flächenerwerb nach dem EALG
ist also nicht grunderwerbsteuerfrei.
c)
Das Sonderrecht für Garagen ist zum 31.12.2006
ausgelaufen. Demgemäß können Nutzungsverhältnisse
über Garagen mit Ablauf des 31.12.2006 nach den
allgemeinen Regeln des BGB beendet werden.Die
PDS/WASG hatte im Bundestag versucht, die bis zum
31.12.2006 laufende Frist für das Moratorium
bei den Garagen verlängert zu erhalten. Mit 450
Stimmen aller anderen Fraktionen gegen die Stimmen
der PDS/WASG wurde der entsprechende Gesetzesantrag
im Bundestag abgelehnt.
Für
heute darf ich schließen. In der Erwartung,
viele von Ihnen auf unserer Jahresversammlung
am 27.04.2007 begrüßen zu können,
verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Dr.
Rosenberger
Vorsitzender