IOB
   Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.

 
 

Rundschreiben vom 15. Juni 2007

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

turnusmäßig berichte ich wie folgt:

1. Jahresversammlung der IOB am 27.04.2007
Die Jahresversammlung fand wie in den letzten Jahren in Bad Godesberg statt. Sie war relativ gut besucht. In meinem Jahresbericht bin ich ausführlich auf die Verhandlung beim BVerwG am 28.02.2007 eingegangen (über das Ergebnis vgl. IOB-Rundschreiben vom 12.03.2007). Eine Zusammenfassung des Vortrags von Herrn Dr. Märker füge ich als

- Anlage 1 -

bei. Zu den weiteren Tagesordnungspunkten und den gefaßten Beschlüssen werde ich mit dem nächsten Rundschreiben das Protokoll übersenden.

2. Unwürdigkeitsklausel
Die beiden Entscheidungen vom 28.02.2007 liegen zwischenzeitlich mit ihrer vollständigen Begründung vor. Interessierten übersende ich gerne auf Anforderung die Entscheidung: 3 C 38.06.

Zu den beiden Entscheidungen übersende ich Ihnen einige weitere Presse­berichte, nämlich:

a) Klaus-Peter Krause in der “Jungen Freiheit” vom 16.03.2007

- Anlage 2 -

b) “Der Tagesspiegel” vom 08.03.2007

- Anlage 3 -

c) “Neues Deutschland” vom 01.03.2007

- Anlage 4 -

d) die Veröffentlichung meines - leider abgespeckten und in der Kernaussage verwässerten - Leserbriefes an die “SZ” (vgl. IOB-Rundschreiben vom 12.03.2007) nebst einem weiteren Leserbrief von Gregor von Martin.

- Anlage 5 -

Bitte beachten Sie, daß im “Neuen Deutschland” und in der “SZ” der Sachver­halt in teilweise grotesker Weise verfälscht wurde.

Zwischenzeitlich liegen zur “Unwürdigkeit” weitere Entscheidungen vor. Nach einer Entscheidung des BVerwG vom 15.03.2007 führt die “Unwürdigkeit” eines Zwischengliedes in der Erbenkette nicht zum Ausschluß von Ausgleichsleistungen. Auch diese Entscheidung kann ich Ihnen auf besondere Anforderung übersenden. Das BVerwG legt - anders als die Verwaltung - die Klausel in § 1 Abs. 4 AusglLeistG restriktiv aus. Danach führt nur die “Unwürdigkeit” des Berechtigten am 01.12.1994, dem Tag des Inkrafttretens des AusglLeistG, ferner die Unwürdigkeit dessen zur Aberkennung von Ausgleichsleistungen, der un­mittelbar durch die “Enteignung auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage” geschädigt wurde bzw. Adressat der Enteignungsmaßnahme war. Alle anderen, wie Zwischenerwerber und Rechtsnachfolger von am 01.12.1994 Berechtigten, haben bei der “Unwürdigkeitsprüfung” außer Betracht zu bleiben.

Ich hoffe, daß die Verwaltung sich künftig an diese Rechtsprechung des BVerwG hält und ihre “Unwürdigkeitsprüfung” zurückfährt.

Außer in § 1 Abs. 4 AusglLeistG gibt es eine gleichlautende Unwürdigkeits­klausel in § 7 a Abs. 3 b) Satz 2 VermG. Sie betrifft überwiegend Fälle der Doppelenteignung, also Fälle, in denen zunächst unter der NS-Herrschaft enteignet wurde und dann noch einmal unter der DDR. Nach § 7 a Abs. 3 b) Satz 2 VermG soll dem nicht restitutionsberechtigten Zweitenteigneten keine Ent­schädigung zustehen, wenn er oder sein unmittelbar enteigneter Rechtsvorgänger - genauso wie im Falle des § 1 Abs. 4 AusglLeistG - unwürdig ist oder war.

Nach einer Entscheidung des BVerwG vom 29.03.2007, hierzu die als

- Anlage 6 -

beigefügte Pressemitteilung, geht das BVerwG dann von einem Mißbrauch aus, wenn jüdisches Vermögen während der NS-Zeit zu einem Preis aufgekauft wurde, der mehr als 10 % unter dem Einheitswert des jeweiligen Vermögensgegenstandes lag.

3. Ersatzgrundstücksregelung des § 9 VermG a.F.
Hier ist - lange, nachdem die Ersatzgrundstücksregelung gefallen ist - ein Erfolg geglückt. Das Nähere entnehmen Sie bitte der als

- Anlage 7 -

beigefügten Veröffentlichung in der FAZ vom 25.05.2007. Bedeutsam ist, daß die drohende Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für die Bereitschaft der Verwaltung ausschlaggebend war, sich mit den Klägern zu vergleichen.

Leider handelt es sich um einen Ausnahmefall; ähnliche Fälle gibt es heute nicht mehr.

4. Rückforderung von Lastenausgleich
Bei der Gewährung von Ausgleichsleistungen wird bekanntlich der erhaltene Lastenausgleich verrechnet. Hier gibt es zwei Punkte, auf die ich Sie besonders aufmerksam machen möchte:

a) Kriegssachschäden werden nach dem AusglLeistG nicht wieder gutgemacht. Wieder gutgemacht werden nur Wegnahmeschäden. Nach einer internen Weisung des Bundesausgleichsamtes (BAA) findet, wenn Kriegssachschäden mit Wegnahmeschäden zusammentreffen, eine Aufteilung dahin statt, daß, wenn für das weggenommene Gut ein Einheitswert bestand, der Kriegssachschaden mit 20 % und der Wegnahmeschaden mit 80 % des Einheitswertes bewertet wird. Auf diese interne Weisung des BAA hat mich unser Mitglied Dr. Peter Blankertz aufmerksam gemacht. In seinem Falle, so Herr Dr. Blankertz, habe sich die 80 % zu 20 %-Regelung günstig ausgewirkt.

b) Wurde Kriegsschadenrente gewährt, kam sie in den beiden Formen: Entschädigungsrente und Unterhaltshilfe zur Auszahlung. Im Bereich der Unter­haltshilfe ist der größte Teil der gewährten Zinsen nicht auf die Hauptentschädigung anzurechnen. Das bedeutet, daß der Großteil der Zinsen, die im Rahmen der Gewährung von Lastenausgleich auf die Unterhaltshilfe entfiel, den Ausgleichsleistungsansprüchen nicht gegengerechnet werden kann.

5. Verschiedenes
a) Zur “Herrschaft der alten Seilschaften” in den osteuropäischen Ländern füge ich als

- Anlage 8 -

einen lesenswerten Artikel von Karl-Peter Schwarz aus der FAZ vom 23.05.2007 bei. In dem Artikel vermisse ich den Hinweis darauf, daß es die Herrschaft der alten Seilschaften auch in den neuen Bundesländern gibt.

b) Ein Artikel über die Rückkehr der Familie v. Arnim aus der FAZ vom 29.05.2007 ist als

- Anlage 9 -

beigefügt.

c) Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit soll versucht werden, den Filmemacher Florian Henckel von Donnersmark dafür zu gewinnen, das Buch von Leonie Ossowski: “Der einarmige Engel” zu verfilmen (zu diesem Buch vgl. IOB-Rundschreiben vom 13.06.2006 sub. 4. b). Eine Kontaktaufnahme zu Henckel von Donnersmarck, die Erfolg verspricht, ist in die Wege geleitet.

d) EALG-Käufe durch Alteigentümer im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms sind grunderwerbsteuerpflichtig (BFH vom 26.10.2006, Az. II R 49/05).

e) Nach einem Urteil vom 25.01.2007 des Europäischen Gerichtshofs (Az. C 370/05) ist die Verpflichtung, einen ständigen Wohnsitz auf einem zu landwirt­schaftlichen Zwecken erworbenen Grundstück zu begründen, mit Art. 56 des EG-Vertrages nicht vereinbar. Nach dem AusglLeistG ist Ortsansässigkeit für den verbilligten Ankauf landwirtschaftlicher Flächen Voraussetzung. Mit Rücksicht auf die Entscheidung des EGH vom 25.01.2007 dürfte die einschlägige Bestimmung des AusglLeistG unwirksam sein.


Für heute darf ich schließen. Ich wünsche Ihnen einen guten Sommer.

Mit den besten Grüßen

Dr. Rosenberger
Vorsitzender

 
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