IOB
   Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.

 
 

Rundschreiben vom 15. Dezember 2008

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

zum Jahresabschluß berichte ich wie folgt:

1.strafrechtliche Rehabilitierung
Hier gibt es nach wie vor keinen Durchbruch. In der jüngsten Ausgabe der ZOV haben Herrn Dr. Wasmuth und unser Mitglied Julius Albrecht Kempe einen 20-seitigen Artikel zu der Problematik geschrieben. Bei Interesse kann ich Ihnen den Artikel zusenden.

Im übrigen bleibt es dabei, daß wir abwarten, bis sich – ggf. – eine endgültige und hoffentlich positive Rechtsprechung etabliert. Wir haben bis 31. Dezember 2011 Zeit, ggf. noch Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung zu stellen. Die Annahme von Ausgleichsleistungen schließt einen späteren Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung nicht aus.

2.Rückforderung von Lastenausgleich – Fristen
Hier gibt es zwei neuere Entscheidungen des BVerwG, und zwar vom 30. April 2008 (3 C 17.07) und vom 19. August 2008 (3 B 3.08). Die Leitsätze der beiden Entscheidungen lauten:

BVerwG 3 C 17.07
„Die Frist des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG beginnt zu laufen, nachdem die Ausgleichsbehörde von dem Schadensausgleich und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat; es ist nicht erforderlich, dass diese Kenntnis auf einer Mitteilung des Ver­pflichteten beruht.
Die Frist beträgt zehr statt vier Jahre, wenn der Verpflichtete auf entsprechende Aufforderung hin nähere Angaben, die für die Rückforderung erforderlich sind, nicht, unvollständig oder unrichtig macht und dadurch die Rückforderung erheblich erschwert oder verzögert.
Über diese zehn Jahre hinaus ist eine Verlängerung der Ausschlussfrist auch durch eine Unterbrechung gem. § 349 Abs. 5 Satz 5 LAG nicht möglich.“


BVerwG 3 B 3.08
„Für den Beginn der Frist des § 349 Abs. 5 Satz 4 LAG ist es ohne Belang, ob die Ausgleichsbehörde sich die Kenntnis von dem Schadensausgleich und der Person des Verpflichteten früher hätte ver­schaffen können.“

Die beiden Entscheidungen sind als

- Anlage 1 -

und

- Anlage 2 -


diesem Rundschreiben beigefügt. Wie Sie der erstgenannten Entscheidung vom 30. April 2008 bitte entnehmen wollen, kann der Einwand, der Lastenausgleich sei verspätet zurückgefordert worden, ausnahmsweise einmal Erfolg haben. In der Regel ist das allerdings nicht der Fall.

3.„Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage
Hierzu gibt es eine richtungweisende Entscheidung des BVerwG vom 25. Juni 2008, ZOV 2008, 259, die ich Ihnen ebenfalls als

- Anlage 3 -

zusende.

Diese Entscheidung kann im Einzelfall wichtig sein: Wurde, was so selten wohl nicht vorgekommen ist, zeitlich nach dem SMAD-Befehl vom 17. April 1948 enteignet, stand dem das Verbot des SMAD-Befehls Nr. 64, Nr. 5 entgegen.

Das Verbot in Nr. 5 des SMAD-Befehls Nr. 64 betraf aber nur betriebliches Vermögen. Für das „sonstige Vermögen“ enthielt der SMAD-Befehl Nr. 64 eine Öffnungsklausel, wonach den deutschen Behörden die Möglichkeit zu Enteignungen eröffnet wurde. Auch ist die Entscheidung des BVerwG vom 25. Juni 2008 auf sogenannte Anteilsbetriebe nicht anzuwenden, bei denen ein Gesellschafter wegen angeblicher nationalsozialistischer Belastung bereits auf sogenannter besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden war und die übrigen Gesellschafter zunächst „freigestellt“ waren. Hier gibt es eine Entscheidung des 7. Senats des BVerwG, wonach auch die erst in den Jahren 1948/1949 durchgeführten Enteignungen der „freigestellten“ Gesellschafter als auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage zu gelten haben.

4.SPD
Nachdem die SPD unmittelbar nach der Wiedervereinigung bereits DM 75 Mio. für enteignete Unternehmen erhalten hatte, hat sie nunmehr nach dem als

- Anlage 4 -

beigefügten Artikel im „SPIEGEL“ vom 04. August 2008 noch einmal € 13,5 Mio. erhalten.

Die doppelte Enteignungsentschädigung stellt m.E. einen Skandal dar – abgesehen von der Höhe der jeweiligen Entschädigungen. Angesichts dessen, was sonst an lächerlichen Beträgen, auch für nationalsozialistisch verfolgte Personen und Organisationen gezahlt wurde, nehmen sich die zugunsten der SPD geflossenen Entschädigungen bombastisch aus. In meinem Karikaturenband hatte ich die zugunsten der SPD gezahlten DM 75 Mio. schon angesprochen. m.E. ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, daß die Zahlungen zugunsten der SPD, namentlich die 1991 vom damaligen Finanzminister Waigel verfügte Entschädigung von DM 75 Mio. auf einem Gegengeschäft zugunsten der CDU/CSU beruhten. Dieses Gegengeschäft beinhaltete, die merkwürdigen Vorgänge anläßlich der Privatisierung der Chemischen Werke Leuna nicht aufzuklären. Obwohl dort Rückflüsse zugunsten der CDU/ CSU aus den gewährten Subventionen auf der Hand lagen, hat die SPD bei der Aufklärung des Leuna-Deals bemerkenswerte Zurückhaltung geübt.

Ich hatte schon in den 90er Jahren mehrfach Presseorgane und das ZDF auf die Vorgänge aufmerksam gemacht und dazu angeregt, Nachforschungen zu betreiben. Leider sind diese Bemühungen – aus welchen Gründen auch immer – in der Vergangenheit fehlgeschlagen. Vielleicht gelingt es diesmal und unter Verweis auf die doppelte Entschädigung zugunsten der SPD, einen investigativen Journalisten auf die Sache anzusetzen.

5.Unwürdigkeitsklausel § 1 Abs. 4 AusglLeistG
Hierzu gibt es eine Entscheidung des BVerwG vom 30. Juni 2008, ZOV 2008, 218, die ich als

- Anlage 5 -

beifüge.

Die Entscheidung erscheint mir höchst bedenklich. Die sogenannten „Wehrwirtschaftsführer“ gehörten meines Wissens keiner Untergliederung der NSDAP an. Vielmehr verhielt es sich so, daß zum „Wehrwirtschaftsführer“ erklärt wurde, wer einen größeren Betrieb leitete. Es handelte sich hier auch nicht um einen organisierten „überschaubaren und auserlesenen Kreis aus den Industrie-Eliten unter dem NS-Regime“.

Darüber hinaus beißt sich die jetzige Entscheidung des 5. Senats mit den grundsätzlichen beiden Entscheidungen des BVerwG vom 28. Februar 2007, für die der 3. Senat verantwortlich zeichnete (3 C 38.05 und 3 C 13.06). Dort hatte das BVerwG in seinen Leitsätzen u.a. entschieden:

„Die Herstellung von Rüstungsgütern ist nicht als erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems i.S. von § 1 Abs. 4 AusglLeistG zu bewerten.“

6.Abarbeitung der Wiedergutmachungsansprüche nach VermG und EALG
Hierzu gibt es eine Pressenotiz vom 03. Oktober 2008, die ich

- Anlage 6 -

beifüge. In Mecklenburg-Vorpommern ist man danach mit der Erledigung der Restitutionen und der Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsansprüche angeblich fast fertig. Ich selbst kann das nicht bestätigen; die Ausgleichsleistungsansprüche meiner Familie sind bisher noch nicht abschließend bearbeitet.

Bemerkenswert an dem Artikel ist, daß Fürst Putbus als Ausgleichsleistungen für sein riesiges Grundvermögen gerade einmal € 300.000,00 erhalten hat. Immerhin dürfte er für Kunstgegenstände, und davon wird er eine ganze Menge gehabt haben, Restitutionsansprüche nach § 5 AusglLeistG durchgesetzt haben, so daß er immer noch weitaus besser steht als das Gros der Industrieenteigneten, die ihr Vermögen in ihren Betrieben hatten stehenlassen.

7.
Einen bemerkenswerten Artikel von Friedrich Carl Albrecht zum 18. Jahrestag der deutschen Einheit aus der „Jungen Freiheit“ füge ich abschließend für Sie als

- Anlage 7 -

bei.

Für das bevorstehende Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen viel Freude; für das Jahr 2009 gute Gesundheit und Erfolg – nicht nur bei der Durchsetzung Ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rosenberger
Vorsitzender

 
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