Sehr
geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
turnusmäßig
berichte ich wie folgt:
1.
Jahresversammlung der IOB am 24. April 2009
a) Wie von vielen Teilnehmern an der Jahresversammlung
gewünscht, übersende ich Ihnen anliegend
eine Kurzfassung meines Vortrages: 20 Jahre Mauerfall
– 20 Jahre „Wiedergut-machung“ als
-
Anlage 1 -.
b) zu
TOP 9: Es wurde beschlossen, keine Anzeige in der
FAZ oder einer sonstigen größeren Tageszeitung
zu veröffentlichen. Der Grund sind die Kosten,
die ganz erheblich sind und die Reserven der IOB aufbrauchen
würden.
Stattdessen
soll die Internetseite der IOB auf den neuesten Stand
gebracht werden. Auch die Links auf der Internetseite
sollen überarbeitet werden.
Über
die sonstigen Beschlüsse der Jahresversammlung
werde ich Sie durch Übersendung des Protokolls
informieren, das mir aber gegenwärtig noch nicht
vorliegt.
Die
Jahresversammlung fand in angenehmer und guter Atmosphäre
statt.
2.
sonstige Veranstaltungen aus Anlaß des Mauerfalls
vor 20 Jahren
Es finden gegenwärtig land-auf-land-ab zahlreiche
Veranstaltungen mit prominenten Zeitzeugen statt.
Unser Vorstandsmitglied, Frau Fischer, hat in kurzer
Zeit drei Veranstaltungen besucht, nämlich eine
mit Hans Dietrich Genscher, eine mit dem seinerzeitigen
Kanzleramtsminister Seite und eine mit dem seinerzeitigen
Innenminister Dr. Schäuble. Ich gehe davon aus,
daß Frau Fischer auf der nächsten Jahresversammlung
ausführlich berichten wird.
Von
der Veranstaltung mit Dr. Schäuble am 10. Juni
2009 hat Frau Fischer den Eindruck gewonnen, daß
es sich bei ihm um einen hartnäckiger Überzeugungstäter
handelt. So wie er sich in seinem Buch „Der
Vertrag“ über die Enteigneten lustig gemacht
hat – sie hätten doch nicht im Ernst erwarten
dürfen, ihr so lange entzogenes Eigentum zurückzuhalten
– so beanspruchte er auf seiner Vortragsveranstaltung
in Bonn, für seine Verdienste, was die Regelung
der offenen Vermögensfragen betrifft, mit einem
Ehrendoktorhut ausgezeichnet zu werden.
An
der Veranstaltung mit Hans Dietrich Genscher habe
ich zusammen mit Frau Fischer teilgenommen. Mein Gedächtnisprotokoll
zu den Punkten, die uns besonders berühren, füge
ich als
-
Anlage 2 -
bei.
Soweit
in Ihrer näheren Umgebung ähnliche Veranstaltungen
stattfinden, nehmen Sie bitte teil! Stellen Sie unangenehme
Fragen!
3.
FDP
Wie aus der Anlage 2 hervorgeht,
hat die FDP die Wiedergutmachung für zwischen
1945 und 1949 Enteignete in ihr Programm für
die Bundestagswahl aufgenommen. Die FDP möchte,
mit welcher Koalition auch immer, erreichen,
daß den zwischen 1945 und 1949 Enteigneten Wiedergutmachung
wie nach dem Mauergesetz widerfährt.
Dieser
Programmpunkt der FDP ist sicherlich nicht unmaßgeblich
von dem Kreis der „Göttinger Studenten“
beeinflußt, die stetig gedrängt und immer
wieder an maßgebliche Mitglieder der FDP Eingaben
versandt haben. Es ist allerdings auch an anderer
Stelle gebohrt worden. Ich hatte im April im Anschluß
an einen Gerichtstermin in Gera mit Frau Kögler
und Herrn von Schlotheim in Jena zu Mittag gegessen.
Herr von Schlotheim teilte mit und konnte mir das
auch belegen, daß die Thüringer FDP als
erster Landesverband in den neuen Bundesländern
ebenfalls schon die Forderung nach entsprechender
Anwendung des Mauergesetzes auf die zwischen 1945
und 1949 Enteigneten erhoben hatte.
Sollte
es der FDP gelingen, die Vorstellungen gemäß
ihrem Parteiprogramm für die Bundestagswahl zu
verwirklichen, wäre dies natürlich eine
Riesengeschichte. Ich fürchte allerdings,
daß sich die FDP, sollte sie nach dem 27. September
2009 mitregieren, ihren Koalitionspartnern gegenüber
kaum durchsetzen können wird.
4.
Archivrecherchen
Einem auf der Jahresversammlung geäußerten
Wunsch entsprechend gebe ich folgende Adressen und
Telefon-Nummern maßgebender Archive bekannt,
in denen wegen der Enteignungen recherchiert werden
kann:
a)
Bundesarchiv
Finckensteinallee 63
12205 Berlin
b)
Archiv des Bundeslandes Berlin
Landesarchiv Berlin
Eichborndamm 115-121
13403 Berlin
Tel. 030 / 90264-0, Fax 030 / 90264-201
c)
Archiv des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern
Landesarchiv Schwerin
Graf-Schack-Allee 2
19053 Schwerind)Archiv des Bundeslandes Sachsen-Anhalt
Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt
Hegelstraße 25
39104 Magdeburg
Tel. 0391 / 5664-3, Fax 0391 / 5664-440e)Archiv des
Bundeslandes Brandenburg
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Zum Windmühlenberg
14469 Potsdam
Tel. 0331 / 5674-0, Fax 0331 / 5674-212
f)
Archiv des Bundeslandes Thüringen
Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar
Marstallstraße 2
99423 Weimar
Tel. 03643 / 870154, Fax 03643 / 870187g)Archiv des
Bundeslandes Sachsen
Sächsisches Staatsarchiv
Wilhelm-Buck-Straße 4
01097 Dresden
Tel. 0351 / 5643740, Fax 0351 / 5643739h)Staatliches
Archiv der Russischen Föderation (SA RF)
119817, Moskva, GSP
ul. B. Pirogovskaja, 17
Erfahrungen
in Archivrecherchen hat u.a. unser Mitglied Bernd
Hallbauer, Leipziger Straße 62, 08056 Zwickau,
Tel. 0375 / 2000 960, Fax 0375 / 2000 961. Herr Hallbauer
hat sich insbesondere mit den Enteignungen in Sachsen
befaßt und Archivunterlagen über die Listen
A und B für den Volksentscheid in Sachsen durchforstet.
In Sachsen gibt es viele Zweifelsfragen, ob bestimmte
Betriebe auf der Liste A oder der Liste B erfaßt
wurden. Hierzu vgl. u.a. das Schreiben der Antifaschistischen
Parteien von Sachsen-West an Ministerialrat Falkenberg
vom 02. Juli 1946
-
Anlage 3 -.
Vielen
von Ihnen wird auch bekannt sein, daß unser
Mitglied Albrecht Kempe über Jahre hinweg seinen
negativen Restitutionsbescheid mit der Begründung
angefochten hat, es sei völlig unklar, ob das
väterliche Unternehmen auf der Liste A oder der
Liste B gestanden hat. Für Unternehmen in Sachsen
erscheint es danach nicht ohne Erfolgsaussichten,
Archivunterlagen darauf zu prüfen, ob die betreffende
Enteignung auf sogenannter besatzungsrechtlicher bzw.
besatzungshoheitlicher Grundlage stattgefunden hat
oder vom Restitutionsausschluß des § 1
Abs. 8 a VermG nicht erfaßt ist.
5.
Unwürdigkeitsklausel § 1 Abs. 4 AusglLeistG
Das BVerwG hat entschieden, daß die Position
eines SS-Offiziers allein nicht ausreicht, um Unwürdigkeit
i.S. des § 1 Abs. 4 AusglLeistG anzunehmen. Das
BVerwG hatte diese Entscheidung getroffen im Falle
eines SS-Untersturmführers, dessen Rang dem eines
Leutnants der Wehrmacht entsprach.
Mir
ist bekannt der Fall eines SS-Sturmbannführers
(entspricht dem Rang eines Majors der Wehrmacht).
Im Zuge der Konzentrierung aller mit Kriminalsachen
befaßten Beamten in der SS ist dieser Mann in
die SS übernommen worden, war dort aber nur zuständig
für Sittlichkeitsdelikte u.ä. Das zuständige
LARoV will, der Rechtsprechung des BVerwG folgend,
Ausgleichsleistungen zusprechen und die Unwürdigkeitsklausel
des § 1 Abs. 4 AusglLeistG nicht anwenden, stößt
aber auf Widerstand des BADV, das weiter nach Umständen
sucht, um die Unwürdigkeitsklausel doch noch
anwenden zu können.
6.
Flächenerwerbsänderungsgesetz
Das Gesetz wurde zwischenzeitlich verabschiedet. Neben
der Ausweitung der BVVG-Flächen für den
Naturschutz – geplant ist, daß einmal
insgesamt 150.000 ha ehemals enteigneter Gebiete als
Naturschutzfläche ausgewiesen sein sollen –
enthält das Gesetz eine Reihe von Verbesserungen
für den begünstigten Erwerb ehemals enteigneter
forst- und landwirt-schaftlicher Flächen. Die
wichtigsten Bestimmungen sind:
a) Verkürzung der Bindungsfristen von 20 auf
15 Jahre
Wer begünstigt erworben hat, braucht nur noch
15 statt bisher 20 Jahre lang die begünstigt
erworbenen Flächen zu halten, bevor er verkauft.
b)
Ortsansässigkeit
Auch bei Verheirateten ist nurmehr maßgebend
die Ortsansässigkeit des Berechtigten. Hat der
Berechtigte seinen ständigen Wohnsitz in den
neuen Bundesländern, nicht aber die gesamte Familie,
ist das ausreichend.
c)
begünstigter Walderwerb nur noch für Alteigentümer
Künftig können nur noch Alteigentümer
begünstigt Wald erwerben.
7.Verschiedenes
a) Die Stadt Weimar verleiht ständig einen Menschenrechtspreis.
Dazu füge ich als
-
Anlage 4 -
bei
einen Ausdruck aus dem Internet.
Die Verleihung des Menschenrechtspreises durch die
Stadt Weimar nahm unser Mitglied Helmut Knoch zum
Anlaß, am 05. Januar 2009 den als
-
Anlage 5 -
beigefügten
Brief an die Stadt Weimar zu schreiben. Eine Reaktion
steht noch aus.
b)
Hedwig Bollhagen
Zu Hedwig Bollhagen füge ich einen Ausdruck aus
Wikipedia als
-
Anlage 6 -
bei.
Hedwig
Bollhagen war in der DDR ein regelrechtes „Idol“.
Sie hatte nach ihren Lehr- und Wanderjahren 1934 die
Haël-Werkstätten für künstlerische
Keramik im brandenburgischen Marwitz zusammen mit
Heinrich Schild übernommen und führte sie
als „HB-Werkstätten für Keramik“
weiter. Das besondere daran war: Bei den Haël-Werkstätten
handelte es sich um jüdisches Eigentum.
Die
HB-Werkstätten wurden 1992 an Hedwig Bollhagen
restituiert. Der Fall ist deswegen besonders interessant,
weil hier gegen den Widerstand der Jewish Claims Conference
die Restitution eines zwischen 1933 und 1945 arisierten
Betriebes an jemanden erfolgte, der, wenn nicht an
der Arisierung beteiligt war, so jedenfalls von der
Arisierung profitiert hatte. § 1 Abs. 6 VermG
wurde durchbrochen!
Abschließend
wünsche ich Ihnen einen regenarmen Sommer 2009
und, wenn Sie in Urlaub fahren, einen erholsamen Urlaub.
Mit den besten Grüßen
Dr.
Rosenberger
Vorsitzender