IOB
   Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.

 
 

Rundschreiben vom 19. März 2009

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

hiermit lade ich zur ordentlichen Jahresversammlung ein auf

Freitag, den 24. April 2009, 11:00 Uhr
Stadthalle Bonn-Bad Godesberg, Koblenzer Straße 80, 53177 Bonn

Die Anfahrtsskizze ist wie in den Vorjahren auf der Rückseite dieses Einladungsschreibens abgedruckt.

Vorgesehen ist folgende Tagesordnung:

1. Eröffnung und Begrüßung
2. Bericht des Vorsitzenden
3. ergänzende Berichte der übrigen Vorstandsmitglieder
4. Vortrag Dr. Rosenberger: 20 Jahre Mauerfall – 20 Jahre „Wiedergutmachung“
5. Vortrag Dr. Märker: Aufgaben und Ziele der IOB für die Zukunft
6. Bericht des Geschäftsführers
7. Bericht des Kassenprüfers
8. Entlastung des Vorstandes
9. Anzeige der IOB in der FAZ am 09. November 2009
10.Verschiedenes

Zu einzelnen Tagesordnungspunkten bemerke ich folgendes:

zu TOP 4.
In diesem Jahre jährt sich zum 20. Mal das Datum des Mauerfalls. Das soll Anlaß sein, auf die Wiedergutmachungsbemühungen der letzten 20 Jahre zurückzublicken. Mein Vortrag wird hierfür etwas umfangreicher als normal werden.

zu TOP 5.
Herr Dr. Märker wird ebenfalls das 20-jährige Jubiläum des Mauerfalls zum Anlaß nehmen, zu den Aufgaben und Zielen der IOB, auch im Vergleich und im Verbund mit anderen Organisationen, vorzutragen.

zu TOP 6.
Die IOB hat gegenwärtig 235 zahlende Mitglieder. Eine Übersicht über die Ein­nahmen und Ausgaben des Jahres 2008 ist als

- Anlage 1 -

beigefügt.

zu TOP 9.
Auf seiner Sitzung am 13.03.2009 hat sich der Vorstand der IOB für eine Anzeige in der FAZ zum Datum des Mauerfalls ausgesprochen. Die Anzeige soll auf die IOB und auf die unbefriedigende Situation der Wiedergutmachung aufmerksam machen. Wegen der Höhe der Kosten einer derartigen Anzeige soll anstelle des Vorstandes die Jahresversammlung hierüber beschließen.

Turnusmäßig berichte ich wie folgt:

1.strafrechtliche Rehabilitierung
Hier gibt es zwei neuere Entscheidungen der ordentlichen Gerichte.

a) Das OLG Rostock (ZOV 2009, 31) hat entschieden, daß Bodenreformenteignungen keine strafrechtliche Maßnahmen sind.

Die Entscheidung schließt nicht aus, daß andererseits Industrieenteignungen auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr.124 als strafrechtliche Maßnahmen zu gelten haben. (Über die Klage, die von RA Dr. Wasmuth aus München wegen der strafrechtlichen Rehabilitierung eines nach SMAD-Befehl Nr. 124 Enteigneten angestrengt worden ist, ist noch nicht entschieden.).

b) Das LG Potsdam (ZOV 2009, 34) hat bestätigt, daß strafrechtliche Rehabilitierungsanträge wegen SMT-Verurteilungen nur bei den Behörden der sowjetischen Nachfolgestaaten gestellt werden können. Die ordentlichen deutschen Gerichte sind nur zuständig für solche Verurteilungen, die von deutschen Stellen durchgeführt wurden.

2.Unwürdigkeitsklausel - § 1 Abs. 4 AusglLeistG
Auf Druck des BADV werden namentlich „Großkopferte“ aus der Zeit des Nationalsozialismus von Ausgleichsleistungen ausgeschlossen. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten dem nationalsozialistischen System erheblich Vorschub geleistet.

a) Im letzten Rundschreiben vom15.12.2008 hatte ich bereits auf eine Entscheidung des BVerwG vom 30.06.2008 hingewiesen, wonach „Wehrwirtschaftsführer“ von vornherein in Verdacht stehen, dem national­sozialistischen System erheblich Vorschub geleistet zu haben. Diese Entscheidung ist nunmehr bestätigt worden in einer Entscheidung des VG Leipzig vom 27.08.2008 (ZOV 2009, 57).

b) In mehreren Presseartikeln wurde darüber berichtet, daß die Familie von Bismarck keine Ausgleichsleistungen für den Verlust des Stammsitzes Schloß Schönhausen in der Altmark erhält. Einen dieser Artikel, datierend vom 12.11.2008, füge ich als

- Anlage 2 -

bei. Maximilian Graf von Bismarck, den Chef des Hauses Bismarck während der nationalsozialistischen Zeit, wird in dem Urteil des VG Magdeburg seine diplomatische Tätigkeit zugunsten des Dritten Reiches als schädlich angekreidet.

c) Auch Wirtschaftsführer und Bankiers, die etwa mit der Nationalisierung von Unternehmen und Vermögen in annektierten oder besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkrieges befaßt waren, werden von den Verwaltungsbehörden als „unwürdig“ von Ausgleichsleistungen ausgeschlossen. Mir ist der Fall eines Gutsbesitzers und Bankiers bekannt, der mit der Expansion der Dresdner Bank im „Protektorat“ Böhmen und Mähren befaßt war und nach dem beabsichtigten Bescheid „unwürdig“ gewesen sein soll.


3.Rückforderung von Lastenausgleich
a) Nach dem Gesetzestext und verschiedenen Urteilen sind nicht nur die Empfänger von Lastenausgleich und deren Erben rückzahlungspflichtig, sondern auch die Beschenkten. Eine einschlägige Entscheidung des BVerwG vom 18.06.2008, ZOV 2008, 214 ist als

- Anlage 3 -

beigefügt.

Die Frage, ob man auch als Beschenkter rückzahlungspflichtig sein kann, ist auch schon einige Male an mich herangetragen worden.

b) In einer weiteren Entscheidung des BVerwG vom 10.07.2008, ZOV 2008, 219, die ich als

- Anlage 4 -

beifüge, ist für den Fall, daß ein einheitliches Hausgrundstück in ein Grundstück und ein Gebäude „zerlegt“ worden war, der Schaden nicht in vollem Umfang ausgeglichen, wenn lediglich das Grundstück zurückgegeben wird. Das BVerwG führt hier aus, daß die Vermutung des vollen Schadensausgleichs bei Rückgabe des Grundstücks nicht greift, weil das nicht zurückübertragene Gebäudeeigentum nicht als Zubehör oder Inventar des zurückgegebenen Grundstücks gewertet werden kann.

4.Theo Waigel
Der Finanzminister unter Helmut Kohl, der maßgebend an dem „Restitutionsverbot“ und der Zuerkennung nur geringer Entschädigungen/Ausgleichsleistungen im EALG beteiligt war und außerdem die SPD mit 75 Mio. DM beschenkt hatte, hat eine neue Aufgabe erhalten. Der „CSU-Politiker“ mit „untadeligem Ruf“ ist nunmehr zum „unabhängigen Wächter“ über Siemens vom Bundesbezirksgericht in Washington bestellt worden. Hierüber berichtete die FAZ in ihrer Ausgabe vom 16.12.2008.

- Anlage 5 -

Der lobende Artikel zugunsten von Theo Waigel war für unser Mitglied Helmut Knoch Anlaß, den als

- Anlage 6 -

beigefügten Leserbrief an die FAZ zu schreiben, der leider nicht abgedruckt wurde.

5.Sachs-Urteil
Kurz hintereinander erschienen in der FAZ mehrere Artikel und Stellungnahmen zu einem Urteil des LG Berlin. Von ihnen überreiche ich als

- Anlage 7 -

einen Artikel des mir persönlich bekannten Vorsitzenden Verwaltungsrichters Kiechle, der viel mit Wiedergutmachungssachen befaßt ist.

Es geht im Sachs-Urteil um folgendes: Der Vater des Klägers, ein deutscher Jude, hatte eine umfangreiche und einmalige Plakatsammlung, die er bei der Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland zurücklassen mußte und die dann enteignet wurde. In der Meinung, die Plakatsammlung sei vernichtet, hatte er von der Bundesrepublik Wiedergutmachung erhalten und auf die Rückgabe verzichtet.

Ein Nachkomme hat nunmehr auf Rückgabe eines der Plakate geklagt und beim LG Berlin Recht bekommen. Diese Entscheidung ist deshalb von Brisanz, weil hier ein Zivilgericht über einen Restitutionsanspruch entschieden hat. Bekanntlich gehören die Restitutionsansprüche stattdessen vor die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wäre die Entscheidung des LG Berlin richtig, hätte das zur Folge, daß Restitutionsansprüche nicht nur bei den Verwaltungsgerichten, sondern auch bei den Zivilgerichten, und dort möglicherweise mit ganz anderen Erfolgsaussichten, geltend gemacht werden könnten.

Diese Brisanz des Urteils hat auch das Deutsche Historische Museum, Gegner im Sachs-Urteil, erkannt und gegen das Urteil Berufung eingelegt. Dazu eine Pressenotiz aus der FAZ vom 14.03.2009.

- Anlage 8 -

Der Vorstand der IOB wird den Prozeß – natürlich – besonders aufmerksam verfolgen.

Abschließend wünsche ich Ihnen für die kommenden Frühlingswochen alles Gute. Ich würde mich sehr freuen, möglichst viele von Ihnen auf der Jahresversammlung am 24.04.2009 begrüßen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rosenberger
Vorsitzender

 
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