Sehr
geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
turnusmäßig
berichte ich wie folgt:
1. politische
Situation
In einer Woche wird die Bundestagswahl stattgefunden
haben. Es wird sich dann zeigen, ob die FDP mitregieren
und eine Chance haben wird, zugunsten der Enteigneten
Verbesserungen durchzusetzen. Chancen für eine
Verbesserung sehe ich allerdings nur in einer Koalition
der FDP mit der CDU/CSU.
2.
Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen
– BADV
Anstelle von Herrn Rodenbach hat nun ein Herr Schmidt
im BMF die Rechtsaufsicht über das BADV. Herr
Rodenbach ist im BMF für Personalfragen zuständig
und nicht mehr mit den offenen Vermögensfragen
befaßt.
Es
gibt noch eine weitere personelle Änderung. Der
bisherige Leiter des BADV, Dr. Kittke, wird zum Jahresende
2009 pensioniert. Über den Nachfolger ist noch
nichts bekannt.
Auf
der Beiratssitzung am 18.06.2009 berichtete Dr. Kittke,
daß das BADV zahlreiche Beamte an das BMF hat
abgeben müssen. Grund ist die Bankenkrise, deren
Bewältigung speziell beim BMF zusätzliches
Personal erfordert. Die an das BMF abgegebenen Beamten,
so Dr. Kittke, seien nicht die schlechtesten gewesen.
Neben diesen Beamten seien 10 weitere wichtige Beamte
an das Bundesausgleichsamt abgegeben worden. Beim
Bundesausgleichsamt sollen, ich hatte darüber
schon informiert, nunmehr alle Verfahren wegen Rückforderung
und Verrechnung von Lastenausgleich konzentriert werden.
Um
den Personalentzug zu kompensieren, will das BADV
ein Anwalts-Projekt durchführen. Rechtsanwälte
mit eigener Praxis sollen mit der Erledigung von Entschädigungsbescheiden,
insbesondere im Bereich des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes
beauftragt werden.
Zur
Beschleunigung, so Dr. Kittke, ist weiter beabsichtigt,
in der neuen Legislaturperiode ein Gesetz einzubringen,
wonach die Verrechnung von Lastenausgleich bei der
Bescheidung von Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüchen
zurückgestellt werden kann. Man will Richtlinien
entwickeln, in welchen Fällen die sofortige Verrechnung
entfallen soll. Auf eine sofortige Verrechnung des
Lastenausgleichs soll aber da nicht verzichtet werden,
wo
a)
Auslandsberührung vorhanden ist (Hier ist die
Rückforderung erfahrungsgemäß mit
besonderen Problemen verbunden, insbesondere wenn
der Rückforderungsschuldner sich sperrt);
b)
besonders hohe Ansprüche auf Entschädigungs-/Ausgleichsleistungen
im Raum stehen.
3. Abarbeitung
der Entschädigungs-/Ausgleichsleistungssachen
Das BADV meinte auf der Jahresversammlung am 18.06.2009,
es bestehe ein Zeitfenster bis zum Jahre 2020 für
die Abarbeitung der Entschädigungs-/Ausgleichsleistungsansprüche.
Folgende Zahlen für einzelne Länder wurden
auf der Beiratssitzung am 18.06.2009 genannt:
Thüringen
bis Ende 2016
Brandenburg bis Ende 2015
Mecklenburg-Vorpommern bis Ende 2010
Sachsen-Anhalt bis Ende 2015
Von
den Ländern Brandenburg und Berlin gab es keine
Stellungnahme. Im Hinblick auf einen Kurzartikel
in ZDF.de-Artikelseite, den ich als
-
Anlage 1 -
beifüge,
scheint Brandenburg besonders in Verzug zu sein. Das
erklärt die Zurückhaltung des Brandenburger
Vertreters auf der Beiratssitzung.
Ein besonderes Verzögerungspotential für
die Abarbeitung der Entschädigungs-/ Ausgleichsleistungssachen
liegt in der beschlossenen Konzentrierung der Lastenausgleichs-Verrechnung
beim Bundesausgleichsamt. Ob die beabsichtigte Zurückstellung
der Verrechnung (s.o. zu 2.) in den Fällen der
IOB-Mitglieder zu einer Beschleunigung führt,
wage ich zu bezweifeln.
Über
die Langsamkeit der Bearbeitung von Entschädigungs-
und Ausgleichsleistungssachen wird in der Presse immer
wieder einmal berichtet. Einen einschlägigen
Bericht aus Focus online vom 05.04.2009 füge
ich als
-
Anlage 2 -
bei.
4. Verrechnung
von Lastenausgleich
Hier habe ich beim AA Köln eine für zahlreiche
Mitglieder der IOB bedeutsame Entscheidung erwirkt.
Nach
§ 1 Abs. 3 Ziff. 1 AusglLeistG gibt es keine
Ausgleichsleistungen für Reparationsschäden.
Wegnahmen durch die sowjetische Besatzungsmacht sind
daher nach dem AusglLeistG nicht ausgleichsfähig.
Das hat zum Ergebnis, daß die Ausgleichsleistungsbescheide,
und das gilt insbesondere bei Firmenvermögen
der verarbeitenden Industrie, die Reparationsschäden
herausrechnen. Dadurch wird die Bemessungsgrundlage
geringer.
In der beim AA Köln durchgefochtenen Sache habe
ich durchgesetzt, daß der zu verrechnende Lastenausgleich
entsprechend gekürzt wurde.
In
dem von mir betreuten Fall ergab sich dadurch eine
Aufstockung der Ausgleichsleistungen um mehr als 200
%!
5. Unwürdigkeitsklausel
in § 1 Abs. 4 AusglLeistG
Nach einer Entscheidung des BVerwG vom 26.02.2009
(ZOV 09, 195) spricht eine – widerlegbare –
Vermutung für ein besonderes Vorschubleisten
zugunsten des nationalsozialistischen Systems, wenn
jemand in nicht ganz untergeordneter Stellung bei
der Gestapo tätig war. Nach Auffassung des BVerwG
können die Ausgleichsleistungen versagt werden,
auch wenn keine konkreten Vorschub-Handlungen des
Betreffenden bekannt sind.
Die
Entscheidung ist bedenklich und weicht von der bisherigen
Entscheidungspraxis des BVerwG ab, wonach konkrete
Handlungen nachgewiesen sein müssen.
6. Verschiedenes
/ Buchempfehlungen
a) Soweit der Vorrat reicht, habe ich diesem
Rundschreiben Aufkleber beigefügt, die auf Veranlassung
und Kosten von Dr. Madaus gedruckt wurden. Diese Aufkleber,
die Zitate führender Vertreter der Parteien FDP,
SPD und CSU zu den Enteignungen zwischen 1945 und
1949 enthalten, stelle ich anheim, an geeigneter Stelle
zu verwenden.
b) Unser
Mitglied Michael Kromarek hat ein Buch mit dem Titel
„Sippenhaft – Das Erbe meines Vaters“
geschrieben. Einen Flyer zu diesem Buch füge
ich anliegend bei.
Michael
Kromarek, der sich im Buch Michael Winkler nennt,
erzählt hier die Geschichte seines Vaters und
seine eigene Geschichte. Ich darf das Buch sehr empfehlen.
Wie Sie dem Flyer bitte entnehmen wollen, hat Herr
Kromarek Interessantes zu berichten. Seine Vita ist
ungewöhnlich: Als Jurist ausgebildet, war er
zunächst Beamter, dann Unternehmer als Käufer
des väterlichen Unternehmens und wurde schließlich
zu dem, was er eigentlich immer sein wollte: Kunstmaler
(mit ansprechenden Werken).
c)
Empfehlen darf ich auch noch einmal das von Frau Margarete
von Schnehen herausgegebene Buch „Im Strom der
Zeit II“. Ich hatte auf das Buch bereits in
einem früheren Rundschreiben aufmerksam gemacht.
Das Buch enthält Beiträge mehrerer Unternehmer,
auch Mitglieder der IOB, zu den Enteignungen 1945
bis 1949 und den Versuchen, das enteignete Vermögen
zurückzuerhalten.
Das
Buch ist unmittelbar über Frau von Schnehen (Klein
Schneen, 37133 Friedland) zu beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.
Rosenberger
Vorsitzender