IOB
   Interessengemeinschaft der in der Zone enteigneten Betriebe e.V.

 
 

Rundschreiben vom 23. Juni 2008

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

turnusmäßig berichte ich, bedingt durch einen Kurzurlaub etwas verspätet, wie folgt:

1.Jahresversammlung am 11. April 2008
Zu der Jahresversammlung übergebe ich Ihnen zunächst zu TOP 2) eine Kurzfassung meines Berichts als

- Anlage 1 -.

Im Bericht hatte ich Bezug genommen und teilweise zitiert aus einem Kommentar des früheren stellvertretenden Präsidenten des BADV, Dr. Alfred Jaekel zu den Urteilen des BVerwG vom 28.02.2007, in denen das BVerwG entschieden hatte, daß grundsätzlich die Beschäftigung von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in der Rüstungsindustrie für den Erhalt von Ausgleichsleistungen nicht unwürdig macht. Ferner wurde zitiert aus einem Kommentar der BADV-Mitarbeiterin Gabriele Körner zu den Urteilen vom 28.02.2007. Den vollständigen Kommentar von Dr. Jaekel und den Kommentar von Frau Gabriele Körner füge ich als

- Anlage 2 -

und

- Anlage 3 -


diesem Rundschreiben bei.

Ich empfehle, beide Anlagen aufmerksam zu lesen. Ich wäre dankbar, wenn der eine oder andere von Ihnen zu dem ungeheuerlichen Machwerk von Herrn Dr. Jaekel einen Leserbrief an den IFLA (Informationsdienst für Lastenausgleich, BVFG und anderes Kriegsfolgenrecht, Vermögensrückgabe und Entschädigung nach dem Einigungsvertrag) schicken würde. Auch wenn Herr Dr. Jaekel zwischenzeitlich, kurz nach seinem Ausscheiden beim BADV, verstorben ist: Die Pietät gegenüber einem Verstorbenen kann nicht so weit gehen, daß man dem IFLA nicht einmal deutlich sagt, daß der Aufsatz von Herrn Dr. Jaekel mit neutraler und wissenschaftlicher Arbeit – den man bisher beim IFLA gewohnt ist – nichts, aber auch gar nichts zu tun hat und von einem geifernden Ressentiment geprägt ist, das beim BADV nichts zu suchen hat und selbst in den Hinterzimmern kommunistischer Zirkel kaum akzeptiert würde.

Der IFLA hat folgende Adresse:
Redaktion IFLA Informationsdienst für Lastenausgleich …
c/o Behördenverlag Jüngling-gbb GmbH & Co. KG
Einsteinstraße 12
85716 Unterschleißheim
E-Mail: service@juenglingverlag.de

Zu TOP 8) der Tagesordnung: Der Vorstand wurde in seiner bisherigen Zusammensetzung, nämlich:
Dr. Rosenberger Vorsitzender
Dr. Märker stellvertretender Vorsitzender
Frau Fischer Schriftführerin
in seinem Amt bestätigt und auf weitere drei Jahre gewählt.

Zu TOP 9): Herr Wilms als Kassenprüfer wurde in seinem Amt bestätigt und auf weitere drei Jahre gewählt.

2.strafrechtliche Rehabilitierung
Nach einer Stelle in dem Buch von Meyer-Seitz „Die Verfolgung von NS-Straftaten in der sowjetischen Besatzungszone“, S. 330 soll es insgesamt 337 strafrechtliche Verurteilungen in der SBZ/DDR bis zum 30.09.1950 gegeben haben, bei denen Vermögen eingezogen wurde. Der Vorstand der IOB geht davon aus, daß die ganz überwiegende Mehrheit dieser Urteile rehabilitierungsfähig ist und demzufolge bei einer Rehabilitierung die eingezogenen Vermögen nach § 2 StrRehaG zu restituieren sind.
Auf der Jahresversammlung am 11.04.2008 erschien es sinnvoll, sich darum zu bemühen, die Namen entsprechender Verurteilter zu ermitteln. Herr Dr. Märker und ich hatten uns bereit erklärt, anläßlich der nächsten Sitzung des Beirates beim BADV, dafür war der 19.06.2008 vorgesehen, das Bundesarchiv in Berlin aufzusuchen. Es sollte versucht werden, zu ermitteln, ob es Listen dieser 337 Enteigneten gäbe, um sie bzw. deren Erben auf die Möglichkeit einer strafrechtlichen Rehabilitierung aufmerksam zu machen.

Herr Dr. Märker und ich haben am 19.06.2008 das Bundesarchiv aufgesucht, sind jedoch nicht fündig geworden. Die Akten wiesen lediglich Statistiken, aber keine Namen aus.

Es kann danach nur versucht werden, die Namen der Enteignungsopfer bei den Landesarchiven der neuen Bundesländer zu ermitteln. Da solche Recherchen für den Vorstand der IOB zu aufwendig wären, müßten Initiativen dazu von denjenigen Mitgliedern der IOB ausgehen, die aus der Vita ihrer Eltern Anhaltspunkte dafür haben, daß eine strafrechtliche Verurteilung mit Vermögenseinziehung in den Jahren 1947 bis 1950 stattgefunden hat.

3.Unwürdigkeitsklausel des § 1 Abs. 4 AusglLeistG
a) Nach einer Entscheidung des 5. Senats des BVerwG vom 14.01.2008, Az. 5 B 199.07 besteht eine Indizwirkung für erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems nur für Personen, die mit der Leitung eines Gaues, also einer nationalsozialistischen Verwaltungseinheit etwa auf der Ebene einer heutigen Regierung, befaßt waren. Das waren nur Gauleiter oder stellvertretende Gauleiter. Alles was unterhalb dieser Ebene in die national­sozialistische Verwaltung eingegliedert war, hat allein kraft seines Amtes dem nationalsozialistischen System nicht i.S. des § 1 Abs. 4 AusglLeistG e r h e b l i c h Vorschub geleistet. Infolgedessen sind etwa Amtsleiter oder sonstige in der Gauverwaltung tätige Personen in der Regel nicht „unwürdig“.

Die Entscheidung des BVerwG vom 14.01.2008 ist, wie könnte es anders sein, vom BADV (Gabriele Körner) sehr bedauert worden.

b) Nach einer anderen Entscheidung des 5. Senats soll es allerdings für die „Unwürdigkeit“ ausreichen, wenn Unternehmer Zwangsarbeiter zum Zwecke der Disziplinierung der Gestapo oder der Polizei überantwortet haben. Das BVerwG hat ohne Differenzierung Unwürdigkeit angenommen, also auch dann, wenn der Fremdarbeiter nur wenige Tage festgehalten und dann wieder entlassen worden ist.

Mit erscheint die Entscheidung für diese Fälle nicht richtig.

4. Dr. Rodenbach
Die Rechtsaufsicht über das BADV führt im Bundesfinanzministerum der Ministerial­­rat Dr. Hermann-Josef Rodenbach. Er ist außerdem in die Gesetzgebung, was die Wiedergutmachung kommunistischen Unrechts in der SBZ/ DDR anbetrifft, maßgebend eingeschaltet. Wir kennen Herrn Dr. Rodenbach schon seit dem Jahre 1990. Ich selbst habe ihn oftmals getroffen, so namentlich bei den Sitzungen, auf denen über die Gesetzgebung zum EALG unter Einschluß der Verbände beraten wurde. Herr Dr. Rodenbach hat regelmäßig an den Sitzungen des Beirates beim BADV für das BMF teilgenommen. Ich habe Herrn Dr. Rodenbach auch mehrfach wegen verschiedener Fragen zum EALG telefonisch kontaktiert. Herr Dr. Rodenbach war bisher d e r Ansprechpartner beim BMF, wenn es um Fragen der Restitution und der Anwendung des EALG, ferner um Änderungen des EALG ging.

In mehreren Presseveröffentlichungen, die ich Ihnen als

- Anlage 4 -

beifüge, ist Herr Dr. Rodenbach unter Bezugnahme auf eine Neuauflage des Buches von Detlef Kühn: „Das gesamtdeutsche Institut im Visier der Staatssicherheit“ aus dem Jahre 2008 (Auszug als

- Anlage 5 -

beigefügt) und eine kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Waitz in den Verdacht geraten, vor der Wiedervereinigung durch Stasi-Kontakte Landesverrat verübt zu haben.

Die Veröffentlichungen haben in den Verbänden, die mit der Wiedergutmachung kommunistischen Unrechts in der SBZ/DDR zu tun haben, im BADV und sicher auch im BMF für einen mittelgroßen Wirbel gesorgt. Auf der Beiratssitzung beim BADV am 19.06.2008, an der Herr Dr. Märker und ich teilgenommen haben, war der Fall d a s Gesprächsthema abseits der offiziellen Tagesordnung. Herr Dr. Rodenbach selbst war nicht erschienen; an seiner Stelle nahm die Aufgaben des BMF eine Referentin, Frau Dr. Klas, wahr, die bisher unter ihm gearbeitet hatte.

Die Einstellung des Vorstandes der IOB zum Fall Dr. Rodenbach ist ambivalent. Sollten die Vorwürfe gegen Herrn Dr. Rodenbach zutreffen, ist Herr Dr. Rodenbach sicherlich eine Fehlbesetzung. Davon scheint auch das BMF gegenwärtig auszugehen, indem es Herrn Dr. Rodenbach von der Tätigkeit als rechtsaufsichtsführenden Beamten über das BADV bis zur Klärung der Vorwürfe suspendiert hat.

Andererseits war Herr Dr. Rodenbach, auch wenn er die Interessen seines Hauses vertreten hat (siehe Unwürdigkeitsklausel!), ein aufgeschlossener Gesprächspartner und kam den Anliegen der Enteignetenverbände oftmals entgegen (siehe gegenwärtig den Entwurf des Flächenerwerbsänderungsgesetzes, das den begünstigten Erwerb von landwirtschaftlichem Grundbesitz für zwischen 1945 und 1949 enteignete Landwirte verbessern soll und das er mitinitiiert hat).

Es bleibt abzuwarten, ob Herr Dr. Rodenbach (endgültig) durch einen anderen Beamten ersetzt wird und ob mit dem neuen Beamten eine ähnlich offene Aussprache möglich ist wie mit Herrn Dr. Rodenbach.

5.Claims Conference
Zur Claims Conference, die ebenfalls Sitz und Stimme im Beirat beim BADV hat, übersende ich Ihnen als

- Anlage 6 -

einen Artikel aus dem SPIEGEL vom 02.06.2008.

Die Claims Conference ist im Beirat in der Regel durch Herrn Roth vertreten; mitunter hat aber auch Herr Haller teilgenommen, der in dem Artikel erwähnt wird. Eine Zusammenarbeit der Verbände, die die Wiedergutmachung kommunistischen Unrechts erstreben, mit der Claims Conference hat sich in der Vergangenheit als unmöglich erwiesen. Ich hatte auf den Jahresversammlungen der IOB mehrfach hierzu informiert.

Für heute darf ich schließen und wünsche Ihnen einen guten Sommer 2008!


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rosenberger
Vorsitzender

 
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