Sehr
geehrte Damen und Herren,
turnusmäßig
– infolge Urlaubs leicht verspätet –
berichte ich wie folgt:
1. Fristen
für Anträge nach dem Rehabilitierungsgesetzen
(VwRehaG, StrRehaG und BerRehaG)
Nach der bisherigen Rechtslage wäre die Frist
für Anträge nach den Rehabilitierungsgesetzen
am 31. Dezember 2007 abgelaufen. Der Bundestag hat
jedoch am 13. Juni 2007 entschieden, daß Anträge
nach den Rehabilitierungsgesetzen noch bis zum 31.
Dezember 2011 gestellt werden können.
2. strafrechtliche
Rehabilitierung
Die Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2011
ist für viele von uns deshalb wichtig, weil ein
Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung in Betracht
kommt. Würde dem Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung
stattgegeben, ergäbe sich aus dem strafrechtlichen
Rehabilitierungsgesetz eine Rechtsfolgenverweisung
auf das VermG mit der Folge, daß Restitutions-
bzw. Erlösauskehransprüche geltend gemacht
werden könnten.
Rechtsanwalt
Dr. Wasmuth vertritt nach seinem am 19. Mai 2006 vor
der IOB gehaltenen Vortrag die Auffassung, daß
den Opfern der Industrieenteignungen zwischen 1945
und 1949 eine strafrechtliche Rehabilitierung nicht
versagt werden kann. Dieserhalb gibt es eine Handvoll
Prozesse, in deren Rahmen die strafrechtliche Rehabilitierung
erreicht werden soll. Diese Prozesse sind bisher nicht
entschieden. Sollten sie positiv entschieden werden,
wäre das Anlaß, Anträge auf strafrechtliche
Rehabilitierung zu stellen. Wird allerdings vor den
in den Prozessen zu erwartenden Entscheidungen der
Antrag gestellt, laufen die Antragsteller Gefahr,
mit ihrem Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung
bei den Landgerichten zu scheitern. Aus diesem Grunde
ist die Verlängerung der Antragsfrist sehr begrüßenswert,
weil zunächst die von Herrn Dr. Wasmuth eingeleiteten
Prozesse abgewartet werden können.
Herr
Dr. Wasmuth hat mich noch einmal gebeten, in meinem
Rundschreiben dafür zu werben, daß in geeigneten
Fällen entsprechende Pilotprozesse über
ihn eingeleitet werden. Dieser Bitte komme ich gerne
nach. Soweit Sie einen besonders exemplarischen Fall
haben, in dem eine strafrechtliche Rehabilitierung
sehr in Betracht kommt (Begründung der Enteignung
in Industrie und Gewerbe mit angeblichem Kriegsverbrechertum
– wie Leitung eines Rüstungsbetriebes,
Angehörigkeit zur wirtschaftlich führenden
Schicht der „Kriegstreiber“ und „Imperialisten“),
setzen Sie sich bitte mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Wasmuth
in Verbindung (Dr. Johannes Wasmuth, Kobellstraße
11, 80336 München, Tel. 089 / 381 892 36).
Wegen
der Aussichten, über die strafrechtliche Rehabilitierung
eine Restitution oder Erlösauskehr zu erhalten,
hat es allerdings vor einigen Wochen einen Rückschlag
gegeben. Am 22. August 2007 wurde vor dem BVerwG eine
Sache verhandelt und entschieden, in der es um eine
strafrechtliche Rehabilitierung ging. Das Opfer der
Enteignung war von sowjetischen Truppen in die Ukraine
verschleppt worden und dort zu 25 Jahren Zwangsarbeit
mit Einziehung des gesamten Vermögens verurteilt
worden. Das BVerwG hat sich in der Entscheidung vom
22. August 2007 auf den Standpunkt gestellt, daß
die vorliegend von der Ukraine ausgesprochene strafrechtliche
Rehabilitierung keine Rechtswirkungen i.S. einer Restitution
entfalten könne. Denn die Verurteilung zur Vermögenseinziehung
habe sich nicht auf das in Deutschland belegene Vermögen
erstreckt.
In
der entschiedenen Sache handelte es sich um einen
Einzelfall. Andererseits: Aus der am 22. August 2007
getroffenen Entscheidung – die Urteilsbegründung
liegt noch nicht vor – könnte der Schluß
gezogen werden, daß der nunmehr ausschließlich
zuständige 8. Senat des BVerwG die Wirkungen
strafrechtlicher Rehabilitierungen einzuschränken
sucht.
3. Änderung
des AusglLeistG - Unwürdigkeitsklausel
Am 21. Juni 2007 habe ich an der Sitzung des Beirates
beim BADV teilgenommen.
Auf der Beiratssitzung wurden die Urteile des BVerwG
vom 28. Februar 2007 sowie die weiterhin zur Frage
der Unwürdigkeit ergangenen Urteile heruntergespielt.
Ich habe auf der Sitzung Herrn Dr. Kittke (Präsident
des BADV) und Ministerialrat Dr. Rodenbach (Dienstvorgesetzter
von Herrn Dr. Kittke im Bundesfinanzministerium) gefragt,
ob sie denn beabsichtigten, die Vorgaben der Entscheidungen
des BVerwG vom 28. Februar 2007 umzusetzen. Darauf
wurde von Herrn Dr. Rodenbach ausweichend geantwortet.
Die Entscheidungen vom 28. Februar 2007 müßten
zunächst ausgewertet werden. Es käme in
Betracht, sich für eine gesetzliche Änderung
und Verschärfung des § 1 Abs. 4 AusglLeistG
einzusetzen.
Sie
werden sich vorstellen können, daß mich
das in Alarmbereitschaft versetzte. Ich habe
daraufhin einige Abgeordnete kontaktiert, die mir
zusagten, mich unverzüglich über den Entwurf
einer etwaigen Änderung des § 1 As. 4 AusglLeistG
zu informieren und dazu beizutragen, daß es
zu keiner Verschärfung der „Unwürdigkeitsklausel“
kommt. Daneben habe ich Herrn RA Wendenburg, den Vorsitzenden
der AfA, veranlaßt, das als
-
Anlage 1 -
beigefügte
Schreiben an das BMJ zu schicken. Dem Schreiben war
ein Exemplar meines Buches „Unwürdigkeit
im Recht der offenen Vermögensfragen“
beigefügt. Die Einschaltung des BMJ erschien
tunlich, nachdem auf der Beiratssitzung am 21. Juni
2007 von den Herren Dr. Kittke und Dr. Rodenbach geäußert
worden war, daß eine entsprechende Gesetzesänderung,
wenn auch vom BMF initiiert, vom BMJ eingebracht würde.
Das BMJ hat Herrn Wendenburg am 21. August 2007 durch
das als
-
Anlage 2 -
beigefügte
Schreiben geantwortet. Jedenfalls gegenwärtig
kann danach Entwarnung gegeben werden.
Unbeschadet
dessen ist eine Änderung des AusglLeistG in Vorbereitung
wegen anderer Gegenstände. Dazu gehört die
Umsetzung des Urteils vom 25. Januar 2007 des Europäischen
Gerichtshofes (IOB- Rundschreiben vom 15. Juni 2008,
Ziff. 5 e), ferner eine Abmilderung der Bestimmung,
wonach bei begünstigtem Flächenerwerb eine
20-jährige Haltefrist gilt, innerhalb derer das
begünstigt erworbene Agrarland nicht weiterveräußert
werden darf. Laut Herrn Dr. Rodenbach soll es wegen
entsprechender Änderungen eine Anhörung
geben, zu der auch die interessierten Verbände
(AfA und IOB) eine Einladung erhalten sollen.
4.
Verschiedenes
a) Zum Landverkauf durch die BVVG und zur Kritik
des verbilligten Verkaufs an ehemalige LPGen übergebe
ich als
-
Anlage 3 -
einen
Artikel aus dem „Tagesspiegel“ vom 16./17.
Mai 2007.
b) Einen
Artikel aus der FAZ vom 21. März 2007 über
die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland
füge ich als
-
Anlage 4 -
bei.
Daß die Ursache der schlechten Entwicklung in
Ostdeutschland u.a. darauf zurückzuführen
ist, daß man die ehemaligen Unternehmer in ihren
früheren Betrieben nicht mehr hat zum Zuge kommen
lassen, verschweigt der Artikel.
c) Weist
ein Ausgleichsleistungsanspruch eine nach Auffassung
des Antragstellers zu niedrige Summe aus, kann
eine Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Ziel in
Betracht kommen, eine höhere Ausgleichsleistung
zu erhalten.
Eine
derartige Klage würde allerdings nach dem Wortlaut
des § 1 AusglLeistG dazu führen, daß
der zunächst ergangene Ausgleichsleistungsbescheid
nicht rechtsbeständig wird und dadurch auch der
bisher zuerkannte, als zu niedrig aestimierte
Betrag nicht zur Auszahlung käme. Unser Mitglied
Dr. Peter Blanckertz hat mich darauf aufmerksam gemacht,
daß, wie in seinem Falle geschehen, der festgesetzte
Betrag angenommen und dann nur wegen des Mehrbetrages
prozessiert wird.
Es
wird hier sicherlich auf die Antragstellung beim Gericht
ankommen, ob eine sofortige Auszahlung des (zunächst)
zu niedrig angesetzten Ausgleichsleistungsbetrages
erreicht und zugleich die Aussicht erhalten werden
kann, gerichtlich den Mehrbetrag durchzusetzen.
d) Einen
Leserbrief eines der Vorsitzenden der Opferverbände
für persönliches DDR-Unrecht, Gerhard Finn,
in der FAZ vom 16. Juli 2007 füge ich als
-
Anlage 5 -
bei.
Die Ausführungen von Herrn Finn kann man auch
auf die Opfer der SBZ/DDR anwenden, die nicht an Leib
und Leben, wohl aber an Vermögen geschädigt
worden sind.
e) Von
Peter Freiherr von Oelsen-Vietnitz habe ich die als
-
Anlage 6 -
beigefügte
Mitteilung erhalten. Danach will das Europäische
Parlament einen Auftrag für eine Studie zum Gegenstand
„Rückgabe von Privateigentum in Ost- und
Mitteleuropa“ vergeben. Ich gehe davon aus,
daß die Studie auch die Restitutionen von Vermögen
auf dem Gebiet der ehemaligen DDR einschließt.
f) Wußten
Sie, daß ca. 20.000 (in Worten: Zwanzigtausend)
Bescheide vom LARoV Halle erlassen worden sind, wonach
die antragstellenden Aktionäre der IG Farben
AG keine Ausgleichsleistungen erhielten? Nach meinem
Buch „Unwürdigkeit im Recht der offenen
Vermögensfragen“ und der Entscheidung des
BVerwG vom 28. Februar 2006 in der Sache 3 C 13.06
sind diese Bescheide allesamt rechtswidrig, weil den
Aktionären die Verwicklung der IG Farben AG in
NS-Unrecht nicht angelastet werden kann. Die Entscheidung
des BVerwG vom 28. Februar 2006 nutzt den Aktionären
allerdings nichts mehr, weil die vom LARoV Halle erlassenen
Bescheide allesamt rechtsbeständig und nicht
mehr anfechtbar sind.
Ich
glaube, daß das nicht passiert wäre, wenn
die Aktionäre der IG Farben AG zur IOB gehört
oder zumindest zur IOB Kontakt gehalten hätten!
g) Zitat:
(Es ist) „die Bodenreform im Zuge des Einigungsvertrages
als bestandskräftig verankert worden. Die
Bodenreform steht auch jetzt nicht zur Debatte. Wer
etwas ändern will, rüttelt am Einigungsvertrag.“
(Angela Merkel in der „Berliner Morgenpost“
vom 10. Januar 1997)
5. Diesem
Rundschreiben ist ein Exemplar der Broschüre
„Wahrheit und Recht“ von Dr. Udo Madaus
beigefügt. Dr. Udo Madaus hat der IOB freundlicherweise
für jedes Mitglied ein Exemplar zur Verfügung
gestellt, wofür wir ihm herzlich danken.
Für heute darf ich schließen und zeichne
mit freundlichen Grüßen
Dr. Rosenberger
Vorsitzender